Nachbetrachtungen zum 17. Landesparteitag
von G. Dietmar Rode
Um ehrlich zu sein: Mit allzu viel Optimismus bin ich nicht zum Landesparteitag nach Neukieritzsch gefahren, eher mit der Befürchtung, dass es mein letzter sein könnte.
Natürlich kann ein Parteitag nicht mit einem großen Lamento beginnen oder enden - er muss motivieren und orientieren. Die Losung "Bereit für ein gerechtes Morgen" sagte alles und nichts. Aber sie wurde eh weitgehend außer Kraft gesetzt durch die Ereignisse der letzten zwei Wochen. Die Hauptredner mussten aktuell auf den 06. November 2024, d.h auf die markerschütternde Botschaft vom Wahlsieg Donald Trumps in den USA und den Crash der Ampel-Regerung in Berlin.
Das war wohl eine Ursache dafür, dass sowohl die Bundesvorsitzende Ines Schwerdtner, als auch die Landesvorsitzenden Susanne Schaper und Stefan Hartmann trotz aller Emotionalisität ihrer Reden doch mehr an der Oberfläche des Geschehens blieben. Wer allerdings die aktuelle und sehr konkrete Wahlanalyse im Arbeitsheft zur Vorbereitung gelesen hatte wusste, wie tief und immer noch blutend die Wunden der Wahlschlappe von 2024 sind.
Um so erstaunlicher war die euphorische Sicht auf den unmittelbar bevorstehenden Bundestagswahlkampf fast ohne Schlussfolgerungen aus dem erst kürzlich stattgefundenen Debakel auf Landes- und Kommunalebene, von dem auch ich sehr enttäuscht gewesen war. Ein wenig mehr Sicht auf Medien und Kanäle in den verbleibenden 100 Tagen hätte es schon bedurft.
Ines Schwerdtner hob hervor: Wir kämpfen um den Sozialstaat mit Haut und Haaren! Und sie meinte, die Präsenz im Bundestag erneut erkämpfen zu können durch Direktmandate bzw. das Erreichen der 5%-Hürde. Hoffen wir`s.Sören Pellmann, der einzige sächsische Vertreter der Linken im Bundestag hob hervor, dass seine Fraktion dort die einzige ist, die feststellt, dass "der Markt einen Schieß regelt" und dass die Rechten die Verzweifelten gegen die Demokratie sammeln. Seit dem Bundesperteitag von Halle spüre er aber auch endlich wieder Geschlossenheit in den eigenen Reihen.
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Bundesvorsitzende Ines Schwerdtner und die beiden sächsischen Vorsitzenden Susanne Schaper und Stefan Hartmann |
Stefan Hartmann forderte wiederholt eine neue Qualität in der Führung. Die Botschaft hör ich wohl, allein mir fehlt [noch] der Glaube. (Goethe) Wie oft hieß es schon folgenlos "Keine Weiter-so!"
Susanne Schaper hat mittlerweile in sprecherischen Qualitäten gewonnen. Aber ich nehme ihr nicht alle Inhalte ab. Da helfen auch zynische Schlagwörter wie "BSW-Eigentümerin" oder "Brombeere geplatzt durch Tollkirsche". Weder das BSW noch die AfD sind die Hauptschuldigen am Tiefgang der Linken, sondern bestenfalls unterstützte Folgen davon. Wenn sie von "Faschisten und politischen Beutelschneidern aller Coleur" sprach, bleiben Fragen zur Begriffsbestimmung offen für die offensichtlich notwendige politischen Bildung. Pauschalierungen sind meistens unangebracht oder sogar schädlich.
Was ich besonders gut fand, war die einmütig beschlossene Erklärung für eine verantwortungsbewusste Opposition im Landtag. Wie dann aber solche Slogans zu beachten sein werden wie "Mit Faschisten redet man nicht! oder "Nach der Ampel links!", wäre noch weiter zu diskutieren und zu konkretisieren.
Ein wenig Hoffnung machte mir Sophie Koch, die stellvertretende Landesvorsitzende der SPD. Sie wies darauf hin, dass alle progressiven Kräfte gegen gegen die Rechten zusammen stehen müssen. Und darauf zielten auch die Gäste aus der Piratenpartei Stefanie Henkel und Steve König.
Ein Wunder für einen Neuanfang mit dem bevorstehende 10-Tage-Wahlkampf 2025 war wohl nicht zu erwarten. Aber ein paar praktische Schlussfolgerungen mehr aus aus dem misslungenen Jahr 2024 hätten doch gut getan.
G. Dietmar Rode, Berater auf dem Parteitag
Fotos: Rode
Anmerkung:
Zur besseren Ausformung des Begriffes "Faschisten", der auch in der Denatte sehr oft und mit großer Abscheu gebraucht wurde, ist das Heft 11 des Liebknecht-Kreises Sachsen von Professor Ekkehard Lieberam zu empfehlen: "100 Jahre Faschismusdebatte". (vgl. nachfolgenden Post in dieser Woche):
"Die AfD ist keine faschistische Partei. Sie ist eine rechtspopulistische Scheinopposition mit Verbindungen zum neonazistischen Netzwerk. "