Susanne Schaper |
Erklärung durch Susanne Schaper,
sozialpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE im Sächsischen Landtag
Die Zahl der Pflegebedürftigen in Sachsen nimmt stetig zu und liegt offiziell bei rund 150.000 (Stand Ende 2013) Menschen, von denen rund 90.000 ambulant zu Hause oder in einer Pflegeeinrichtung betreut werden. Dem gegenüber stehen rund 58.000 Pflegerinnen und Pfleger, von denen mit rund 86 Prozent der Großteil weiblich ist. Nur rund 16.000 Pflegerinnen und Pfleger sind vollzeitbeschäftigt und gerade mal 27.000 ausgebildete Fachkräfte. Erschwerend kommt hinzu, dass über 1.600 Stellen letztes Jahr in Sachsen unbesetzt blieben.
Durch das Pflegestärkungsgesetz I wurde der Betreuungsschlüssel auf 1:20 verbessert, was einen zusätzlichen Personalbedarf erfordert. Noch fehlt es im Freistaat an vernünftigen Strategien, mit diesem Fachkräftemangel im Bereich Pflege umzugehen. Das kann aber nur geschehen, wenn Angestellte in der Pflege die notwendige gesellschaftliche und finanzielle Wertschätzung erfahren und von ihrer Arbeit auch leben können. Daher muss versucht werden, mehr Pflegerinnen und Pfleger in Vollzeit zu beschäftigen. Als weiteren wichtigen Schritt sehen wir die Entbürokratisierung. Pflegerinnen und Pfleger sollten vor allem Zeit an den zu pflegenden Menschen verbringen und
nicht vor Bergen von Akten.
Eine solidarische Renten- und Pflegeversicherung ohne Beitragsbemessungsgrenzen kann dabei helfen, die Renten- und Pflegeversicherungskassen zu füllen, ohne Menschen mit niedrigem oder
mittlerem Einkommen stärker belasten zu müssen. Politik und Unternehmen müssen lernen, dass das Produkt der Dienstleistung Pflege nicht messbar und in Zahlen ausdrückbar ist. Pflege und Gesundheit sind keine Ware. Der Mensch muss immer im Mittelpunkt stehen.
Die Anzahl der Pflegebedürftigen wird in Sachsen weiter zunehmen. Eine vorausschauende Antwort der Staatsregierung fehlt jedoch. Es wird einseitig auf die sich selbst regulierenden Marktkräfte gesetzt. Ambulante Dienstleistungen in der Pflege, im betreuten Wohnen, im Wohnen in Pflegeheimen sind weitgehend dem privaten Markt überlassen. Private Investoren werben zum Beispiel mit 5 Prozent Rendite beim Bau von Wohnanlagen für Pflegebedürftige.
Der sich ausbreitende Pflegenotstand hat zur Folge, dass die in Artikel 1 des Grundgesetztes garantierte Menschenwürde im Umgang mit Demenzkranken und Schwerpflegebedürftigen nicht gewährleistet werden kann. In der Zeit von 2013 - 2016 waren dazu bereits drei Verfassungsklagen anhängig, die jedoch alle zurückgewiesen wurden. Pflege muss wieder ein Teil der öffentlichenDaseinsvorsorge sein und im Mittelpunkt der Sozialpolitik in einer alternden Gesellschaft stehen.
Anmerkung des Bloggers:
Seit ca. 10 Jahren arbeite ich als Berufsschullehrer in verschiedenen Bildungseinrichtungen (u.a. im Bildungswerk des DRK) in der Berufsausbildung und Weiterbildung für die Altenpflege.
Die Erklärung von Susanne Schaper kann ich aus dieser Sicht nur begrüßen. Allerdings habe ich auch den subjektiven Eindruck, dass trotzdem solche Trends seit Jahren bekannt sind, die Zahlen der Auszubildenden nicht wesentlich steigen, wie es erforderlich wäre. Ich vermute eher, dass sie in den letzten Jahren gleichgeblieben, wenn nicht sogar leicht gesunken sind.
In der Broschüre "Würde und Teilhabe auch im Alter: Pflegenotstand verhindern! Situation und Perspektive der Pflege in Sachsen." (Stand: November 2015) deutet sich das ebenfalls an (Tabelle 17, S. 36). Bitte hier anklicken.
Dr. G. Dietmar Rode
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