Orientierung

Freitag, 5. Juli 2013

Aljoscha, spann den Traktor an, wir wollen ins Theater fahrn!

Bericht aus Peter Sodanns Hoftheater

von Bernd Fischer

Viele von uns kennen diesen Spruch noch aus der Schule. Für meine Frau und mich wurde er im
"Speer" - Szenenfoto aus einer anderen Auführung
Foto: www.franzsodann.de
übertragenen Sinn wieder Wirklichkeit. Im beschaulichen Dorf Staucha, einem der vielen Ortsteile der Gemeinde Stauchitz, im Rahmen der Peter-Sodann-Bibliothek, gibt es ein Hoftheater. Hoftheater nennt es sich, weil auf dem ehemaligen Rittergutshof gelegen.

Es gab die Premiere des satirischen Stückes „Speer“, geschrieben für zwei Schauspieler von der argentinischen Schriftstellerin und Philosophin Esther Vilar. Das Theater mit seinen 200 Plätzen war restlos ausverkauft.

Wir saßen, umrahmt von noch nicht ausgepackten Bücherkisten, in einer ehemaligen Scheune, von der Bühne mit der Losung begrüßt: „In den Bananenkisten des Westens schlummert das Wissen des Ostens“. 


Gemessen an den Autokennzeichen waren Künstlerpromis u.a. aus Halle, Leipzig und Dresden, wahrscheinlich Weggefährten von Peter Sodann, anwesend. Auch ein Auto aus Saarbrücken hatte sich eingefunden – mithin ein gesamtdeutsches Publikum!

Geboten wurde linkes Theater; nicht zu verwechseln mit der etwas saloppen Bezeichnung für einige unserer Parteitage bzw. Funktionärskonferenzen. Das Zuhören war anstrengend und für den gewöhnlichen Fernsehkonsumenten also eine tolle Umstellung. Aber es war ja auch 1. Mai!

Inhaltlich zeigte man ein fiktives Treffen zwei Personen in der Akademie der Künste der DDR 1980, am Brandenburger Tor gelegen, hier hatte Speer früher überwiegend gearbeitet, als er im Auftrage Hitlers die Hauptstadt der Welt (!) plante und modellierte.

Die Schauspieler waren zum Greifen nahe. Eingeladen war der Generalbauinspektor Hitlers, Albert Speer, der, ob seiner genialen Organisationsqualitäten 1942 auch noch Minister für Bewaffnung und Munition wurde, als Kriegsverbrecher in Nürnberg zu 20 Jahren Haft verurteilt wurde und diese vollständig in Berlin-Spandau absaß. 
Theaterbesucher Bernd Fischer - mit Begleitung
(50 Jahre schon - Glückwunsch!)
Während seiner Haft schrieb er einige Bücher, die sein Innenleben erkennen lassen. Gastgeber war ein kenntnisreicher Bürger der DDR, der auch Vollmachten des Staatsratsvorsitzenden besaß. Der Inhalt des Gesprächs ist der konkrete Vorschlag an Speer, mit seinem Können und Erfahrungen die Wirtschaft der DDR wieder fit zu machen. Die beiden Mimen – der Kommunist und der Nationalsozialist - argumentieren reichlich 90 Minuten mit zahlreichen tiefgründigen Fakten aus der Nazizeit und aus der DDR. 

Ich möchte nicht den Ausgang des Stückes beschreiben, betone aber, dass es insgesamt eine beeindruckende Geschichtsstunde darstellt, die ich jedem Politikinteressierten sehr empfehlen kann.
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Vorveröffentlichung aus: DIE LINKE im Elbland - Juli/August 2013
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