Orientierung

Sonntag, 30. Juni 2013

Wenn einer eine Reise tut, dann kann er was erzählen.

Im Krankenhaus Sittard geschaut und gestaunt
Kreisrätin Uta Knebel
Foto: Rode

Über eine Reise von Kreisräten nach Sittard berichtete 
Uta Knebel (DIE LINKE) in der Kreistagsitzung am Donnerstag

Was erwartet man von so einer Reise? Was erwartete ich von dieser Reise? Hat man vor oder nach der Reise mehr Antworten oder mehr Fragen? Eigentlich scheint man Krankenhäuser zu kennen. Was würde an diesem besonders sein? Würde es überhaupt besonders sein? Was für neue Erkenntnisse kann ein Krankenhaus schon bringen? Würde es sich überhaupt lohnen, um nicht zu sagen rechnen? Also mit einigen Zweifeln im Gepäck ging es los.
Wikipedia: Sittard

Frau van Laarhoven, die Planerin des Krankenhauses Orbis Medizinisches Zentrum, übrigens im Staatlichen Eigentum und nach Bettenzahl vergleichbar mit unserem Elblandklinikum, nahm uns in Empfang und begrüßte uns im Krankenhaus des 21. Jahrhunderts. Des 21. Jahrhunderts?

Dass das Gebäude imposant ist, kann man nicht leugnen, aber wie es entstand und nunmehr arbeitet, lässt erkennen, dass Frau van Laarhoven nicht übertrieben hat.

Wir fanden ein Krankenhaus vor, welches mit seinen Vorgängern nicht mehr viel gemein hat, außer dem Zweck für Menschen erbaut worden zu sein und deren Gesundheit zu wahren bzw. wieder herzustellen.

[Anmerkung des Bloggers: Und es wurden Fakten sichtbar, über die wir im Interesse der medizinischen Versorgung in unserem Landkreis Meißen gründlich nachdenken sollten.]



Wir fanden einen Gebäudekomplex vor, unter dessen Dach folgende 6 Einrichtungen zu einem Ganzen verschmelzen:

1. Krankenhaus
2. Kommerzieller Bereich als einem „Mantel für Einmietungen“ wie Einkaufsmöglichkeiten, Friseur, Restaurant, Akkustiktechnik, Apotheke u.s.w.
3. Reha-Zentrum mit Pflegebereich und Rehabilitation mit Verweildauern von wenigen Tagen bis 6 Wochen
4. Psychiatrisches Krankenhaus
5. Parkhaus
6. Energiezentrum

Für den ersten Eindruck – fast zu übermächtig. Dennoch im Nachgang betrachtet sehr funktional. Und da wird es noch interessanter.

Am Anfang der Planung, die immerhin vor 10 Jahren begann, war man sich bewusst, ein Krankenhaus für die Zukunft bauen zu wollen. Wie sieht ein Krankenhaus in 10 Jahren aus? Wie wird in diesem Krankenhaus gearbeitet werden? Auf jeden Fall wird es auch da um die medizinische Betreuung des Patienten gehen. Aber eine Planung auf den Patienten fokussierte, war schon ein neuer Schritt.

Stichwort versorgungsorientierte Kette und die Schlüsselposition des Hausarztes in dieser Kette

Die Patientenströme dienten als Entwurfsparameter für die Logistik des Hauses. Es wurde ein Krankenhaus um die Vorgänge geplant und nicht die Vorgänge dem Baukörper angepasst. In dieser Phase gab es eine enge Zusammenarbeit mit den Mitarbeitern. Frau van Laarhoven nannte es: Festlegen der Vorgänge im gemeinsamen Finden.

Eine wichtige Erkenntnis bei dieser Findungsphase war, fast alles ist Standard. Bis zu 80 Prozent gleichen sich die Vorgänge auf den Stationen, in den Behandlungsräumen, bei der Aufnahme, der Entlassung.
Somit sind die Räume für Behandlungen und Patientenzimmer fast identisch in ihrer Ausstattung. Logisch - teilweise ergänzt um die Spezialapparaturen.

Patientenzimmer haben alle ein Bett für den zu Behandelnden, ein Gästebett für Anverwandte, einen Computer, der auch vom Patienten genutzt werden kann, einen WC-Bereich, eine vom Bett aus zu betätigende Tür und Verschattung in der Glaswandabtrennung zum Gang.
Die Behandlungszimmer sind ebenfalls fast alle gleich ausgestattet bzw. mit speziellen Untersuchungsapparaturen erweitert.

Im Ergebnis der Prozessbetrachtung wurden weiterhin neue Arbeitsweisen und computerunterstütze Lösungen für alle Bereiche im Haus entwickelt. So sind alle Räume, alle Untersuchungsapparaturen mit einem „Zentralhirn“ verbunden. Alle Daten sind vor Ort ins System einpflegbar. Dies macht schnell Termine und Rückkopplungen im Haus möglich.

Kurz gesagt, man ist jetzt in der Lage, dass die Vorgänge im Haus abgestimmt sind, dass es einen nahezu reibungslosen Ablauf gibt und bereits die Entlassungsmodalitäten festliegen, bevor der Patient überhaupt aufgenommen ist. Und beim Verlassen des Krankenhauses verfügt der Patient über seine Unterlagen für den Hausarzt.

Und wie das möglich ist, konnten wir uns ansehen. Diese computerunterstütze Arbeitsweise kann viele unserer derzeitigen Probleme lösen. Der Anteil der Tätigkeiten des Pflegepersonals am Patienten erhöht sich.
Sicher gibt es auch Hürden zu überspringen, wie Schaffung von Großbüros, aber ich denke auch das ist gemeinsam zu schaffen.

Bemerkenswert für uns alle, bei allem technischen Fortschritt, ist die personelle Ausstattung auf den Stationen positiv zu bewerten. 20 plus 2 Mitarbeiter pro Station mit 31 Patienten. 20 Mitarbeiter im Pflegebereich und 2 „Hotelangestellte“, die für Bereitung der Speisen verantwortlich sind.

Die Zahl der Fachärzte war nach Einschätzung des mitreisenden Arztes auch pro Station höher, als in unseren Häusern.

Und da sind sie wieder, die Fragen. Warum geht das in Sittard? Woran scheitert es bei uns? Worin unterscheiden sich unsere Gesundheitssysteme? Kann man Änderungen herbeiführen und wenn ja, wie?

Um diese und weiter Fragen ging es noch bis in die Abendstunden. Vielleicht ist es möglich, von Frau van Laarhoven weitere Erkenntnisse zu erlangen. Welche Behandlungen zum Beispiel in welchem Umfang an ihrer Klinik durchgeführt werden? Wie diese die Einnahmen beeinflussen? u.s.w.

Ja, es hat sich gelohnt, die Reise anzutreten. Wir haben über den Tellerrand geschaut und haben viele Antworten auf anfängliche Fragen erhalten und viele neue Fragen mitgebracht. Wir wissen nun, wo wir in der Entwicklung stehen, nämlich teilweise noch am Anfang. Wir wissen nun auch, dass wir verantwortungsbewusst in die Zukunft für die Menschen in unserer Region die Elblandkliniken entwickeln müssen und zwar an allen Standorten. Mir wurde einmal mehr bewusst, dass Reisen und „Abgucken“ eine preiswerte Investition in die Zukunft ist und sich somit rechnet.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit und wünsche uns Weitblick und gesunden Menschenverstand bei den Entscheidungen für unsere Elblandkliniken zum Wohle unsere Bürger.

Uta Knebel
Kreisrätin für Meißen und Stadträtin in Riesa

2 Kommentare:

  1. Also liegt es nicht immer nur am System des Gesundheitswesens, was uns unsere Regierung aufgedrückt hat, sondern auch am guten Willen der regional Handelnden aber natürlich unter Einbeziehung der Personen, welche einmal in der Einrichtung arbeiten müssen und wollen. Wie ich dem Bild entnehmen kann, wurde die alte Bauhülle verwandt und damit bestimmt eine Menge an Baukosten gespart. In Riesa muss ja aber alles neu werden, obwohl in das Alte in den letzten 20 Jahren sehr viel Geld gesteckt wurde.

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  2. Lieber Claus,
    das Bild gibt nicht das Krankenhaus wieder. Das Krankenhaus ist ein Neubau. Und es liegt eben doch zu großen Teilen am Gesundheitswesen, welches im jeweiligen Land herrscht. Hinter diesem Krankenhaus in Sittard steht der Staat. Sicher spielt der gute Wille der regional Handelnden eine Rolle in der Ausgestaltung des Systems. Aber das gilt natürlich auch wieder für alle Bereiche. Und das Krankenhaus des 21. Jahrunderts ist auch ein Vorzeigeobjekt in den Niederlande.

    Uta Knebel

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