Eine Delegierte aus der Kreisorganisation Erzgebirge berichtet
Mit einer leichten Spannung machten wir uns auf den Weg zum Erfurter Parteitag. Unsere größte Sorge war, ob wir uns mehr mit unserem Programm oder mit einer Personaldebatte beschäftigen werden. Trotzdem wir im Vorfeld des Parteitages schon viele Papiere erhalten hatten, erwartete uns gleich der nächste Stapel. Zum Glück war ein Abstimmungsheft dabei, das uns unsere Arbeit auf dem Parteitag erleichtern sollte. Nach den allgemeinen Regularien hörten wir eine kämpferische Rede der Parteivorsitzenden Gesine Lötzsch.
Vor der Mittagspause gab es noch den Bericht vom Frauenplenum. Einiges darüber hatten wir schon im Vorfeld von unseren Teilnehmerinnen aus dem Erzgebirge erfahren. Nach einer kurzen Mittagspause stiegen wir in die Debatte zum Programmentwurf ein. Damit war klar, dass es keine Personaldebatte geben wird.
Nach der Pause sorgte die feurige Rede von Sahra Wagenknecht dafür, dass die nachmittägliche Müdigkeit uns nicht übermannen konnte. Im Anschluss konnten zahlreiche RednerInnen die Möglichkeit ihren Standpunkt zum Programm zum Ausdruck zu bringen. Grundsatzreden und Abstimmungen wechselten sich nun ständig ab. Dank des disziplinierten Verhaltens der Delegierten haben wir ohne Probleme den ersten Teil der Abstimmung zum Teil II und III im Programmentwurf gut überstanden. Der Zeitverzug war aber schon am Freitagabend enorm.
Sonnabend, 22. Oktober 2011
Die Nacht war kurz und es lag viel Arbeit vor uns. Aus dem Zeitverzug von einer Stunde sind es inzwischen drei Stunden geworden und im Laufe des Tages wurde es nicht besser. Mit viel Geduld haben wir alle Programmpunkte abgearbeitet. Fast 1400 Änderungsanträge wurde von uns behandelt, Standpunkte ausgetauscht und abgestimmt. Es war ein hartes Stück Arbeit. Die Schlussabstimmung wurde auf den Sonntagvormittag verlegt. Klaus Ernst sollte noch vor der Abstimmung die Gelegenheit zum Reden bekommen. Nichts war so beständig, wie die Veränderung der Tagesordnung bzw. des Zeitplanes auf unserem Parteitag. Zu den Höhepunkten des zweiten Beratungstages gehörte ohne Zweifel die Rede von Gregor Gysi. Mit viel Temperament schwor er uns auf die nächsten Aufgaben unserer Partei ein. Wir sollten, so Gregor, ab Montag wieder Politik machen und uns nicht mehr mit uns selbst beschäftigen.
Zu später Abendstunde haben wir noch Änderungen in der Wahlordnung und die ersten Änderungen unserer Bundessatzung vorgenommen. Aus dem geplanten Tanzabend wurde ein gemütliches Beisammensein. Auch diesmal war es eine kurze Nacht und es lagen immer noch zahlreiche Änderungsanträge für die Satzung und die Schiedsordnung auf unseren Tischen.
Sonntag, 23. Oktober 2011
Wir haben ein Programm!
Am Vormittag des dritten Beratungstages hatten wir es geschafft. Mit überwältigender Mehrheit haben wir mit der Schlussabstimmung unserer Programm beschlossen. Anderthalb Jahre haben Mitglieder unserer Partei vor Ort über den Programmentwurf diskutiert, Änderungsanträge wurden eingereicht über die dann der Parteitag entscheiden musste. Herausgekommen ist ein Programm mit Kompromissen, ein Programm das uns eint? Jetzt haben wir etwas zur Selbstverständigung, mit dem wir in die Bevölkerung gehen können und: Das ist es, was wir wollen. Nach diesen emotionalen Minuten ist es uns schwergefallen weiter an den Satzungsänderungen zu arbeiten. Doch ein weiterer Höhepunkt kam noch, die Rede von Oskar Lafontaine. In einem rhetorischen Feuerwerk rechnete Oskar gnadenlos ab
- mit den Grünen, die Kriege führen und deshalb keine Umweltpartei mehr sein können
- mit der Kanzlerin, die nichts zu Stande bringt und
- mit der SPD, die ihre Seele verraten hat und nicht bereit war, mit der LINKEN auf Landesebenen Koalitionen einzugehen.
Hinter uns liegen drei harte und emotionale Tage, die man mit unserem Gründungsparteitag der PDS und der LINKEN vergleichen kann. Manchmal fehlen einen die richtigen Worte, das Erlebte zu beschreiben.
Das wichtigste ist jetzt, wieder Politik zu machen und uns nicht mehr in der Hauptsache mit uns selbst zu beschäftigen.
[Angela Hähnel ist Parteitagsdelegierte und Mitarbeiterin von MdL Klaus Tischendorf]
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