Protestschreiben von Serpina Bittner
| EIN HAUS FÜR VIELE(s) E.V. MEISSEN |
Jugendhilfeausschusses des Kreistages Meißen | ||||
Sehr geehrte Damen und Herren Kreisräte !
Mit Entsetzen und auch einer gehörigen Portion Wut erfuhr ich aus dem Amtsblatt des Landkreises Meißen, dass die Förderrichtlinie zur „Kinder- und Jugenderholung“ außer Kraft gesetzt wurde. Wieder eine Sparmaßnahme auf dem Rücken der Ärmsten und Jüngsten unserer Gesellschaft. Meine ungläubige Nachfrage bei den Mitarbeiterinnen des Kreisjugendamtes bestätigte mir diese Tatsache.
Das bedeutet für mich, dass in meinem über 16 Jahre erhaltenen ( davon 9 Jahre rein ehrenamtlich ) jährlichen Sommerferienlager, für sozial bedürftige Familien eine Teilnahme nicht mehr möglich sein würde. Von meinen jährlich 40 Kindern und Jugendlichen sind dies immerhin bis zu 20 Teilnehmer, denen wir mit diesem Projekt erholsame, erlebnisreiche und pädagogisch wertvolle Ferientage im Erzgebirge ermöglichen. Ihre Abstimmung stößt bei mir und den Familien auf völliges Unverständnis und eröffnete ihnen große Sorge, denn ich habe sofort anfangen müssen, die bisherigen ALG II - Empfänger mit der neuen Situation vertraut zu machen ! Sollten diese Kinder und Jugendlichen aus finanziellen Nöten nicht mehr an unserer Ferienlagerfahrt teilnehmen können, wird auch unsere engagierte Arbeit mit Füßen getreten.
Meine Elternbriefe versende ich stets Ende Februar / Anfang März mit allen entsprechenden Informationen, auch zu Zahlungsmodalitäten und Zuschussmöglichkeiten und deren Bearbeitung von März bis Juni. Dieser Termin wäre nach der jetzigen Neuregelung viel zu spät, denn wer jetzt ( ohne mein Wissen seiner persönlichen Verhältnisse ) über das Teilhabepaket ansparen könnte, müsste schon jetzt und immer fortlaufend mit jeder Bewilligung die finanzielle Unterstützung für die Ferienlagerfahrt beantragen. Jedoch steht die Teilnehmerliste erst zum Jahresende fest, erst dann kann ich die Elternbriefe versenden. Eine Vorabinformation an die bisherigen Teilnehmer, die meist alle wieder mitfahren möchten, ist mir aus finanziellen Gründen nicht möglich. Erst kurz vor der Ferienfahrt hinzukommende Neuanmeldungen mit wenig Zeit für die Überweisung des Teilnehmerpreises an den Verein hätten überhaupt keine Möglichkeit mehr diese Finanzierung über weitere Zuschüsse aus dem Teilhabepaket sichern zu können.
Die zukünftige Förderung dem Teilhabe- und Bildungspaket zuzuordnen verstößt zusätzlich eklatant gegen geltendes Recht. In diesem Gesetz werden unter „Kultur,Sport, Mitmachen“ von Ausflügen, z.B. Kita, und mehrtägigen Klassenfahrten aufgeführt, welche bisher außerdem auch aus anderen Haushaltsmitteln des Landkreises bestritten wurden. Für Ferienfreizeiten, Ferienlagerreisen u.Ä. sind 9.000,00 Euro jährlich im Haushalt des Landkreises Meißen eingestellt. Es steht also zur Verfügung und muss meiner Meinung nach weiter zweckgebunden eingesetzt werden. Auch wenn dies eine freiwillige Leistung des Landkreises ist, sollten Sie als Kreisrat / Kreisrätin im Sinne wirklich sozial schwacher Familien und ganz besonders der betroffenen Kinder diese Förderung fortführen, denn für meine Teilnehmer ist die Ferienlagerfahrt für ihre persönliche Entwicklung außerordentlich wichtig und sie freuen sich schon Monate vorher so sehr darauf dem Alltagsmillieu zu entfliehen und wenigstens 1 x im Jahr etwas ganz Besonderes zu erleben.
Wofür sollen diese frei werdenden Mittel jetzt bitte eigentlich eingesetzt werden ???
Des weiteren ist durch Sie nicht beachtet worden, dass fast alle bedürftigen Familien die monatlichen 10,00 Euro Zuschuss aus dem Bildungs- und Teilhabepaket schon voll oder teilweise ausschöpfen (werden ), z.B. für Kultur, Sportverein u.v.m. Sie haben somit nicht einmal die Möglichkeit mit jedem Antrag auf Neu- bzw. Weiterbewilligung gleichzeitig einen Antrag auf Zuschuss für die Ferienlagerfahrt zu stellen und halbjährlich anzusparen. Sollen sie sich nun entscheiden, ob das Kind Sport treibt, an der Klassenfahrt oder am Ferienlager teilnehmen kann und darf ??? Diese neue Zuschussbearbeitung müsste dann außerdem in zig Einzelbeträgen auch direkt an unseren Trägerverein bis Ende Juni eines jeden Jahres überwiesen werden, damit das Geld auch wirklich zur zweckgebundenen Anwendung kommt und ich die Reise vor Abfahrt für alle bezahlen kann. Für mich und bestimmt auch einige weitere betroffene Vereine ist es zudem unmöglich über viele Monate mich nur noch um diese Angelegenheiten kümmern zu können, ohne die Verantwortung den Eltern abnehmen zu wollen. Für das Projekt Ferienlager benötige ich schon jetzt in verschiedenen Abschnitten 9 Monate zur Vorbereitung, für die Reise an sich „spenden“ seit 16 Jahren alle Betreuer ihren privaten Urlaub und arbeiten ehrenamtlich ohne Bezahlung.
Allein die Verwaltungsarbeit im Verein dauert 4 Monate. Ich biete den Familien mit geringem Einkommen und ALG II Ratenzahlungen an und erhielt bisher nach Antragstellung und hervorragender Zusammenarbeit mit Frau Taleiser / Kreisjugendamt und der Kreiskasse noch die Zuschüsse an die Eltern aus der bisherigen Förderrichtlinie schnell, unkompliziert und pünktlich, so dass ich vor Abreise alle Teilnehmerbeträge vollständig auf dem Vereinskonto eingingen und für die gesamte Gruppe die Rechnung überwiesen werden konnte. Wir sind als Verein nicht in der Lage für fehlende Zuschüsse und Finanzierungslücken bei den Eltern in Vorleistung zu gehen !!!
Zu dieser Mammutaufgabe käme noch hinzu, dass ich zukünftig sogar noch mit mehreren Mitarbeitern der Leistungsbearbeitung des ALG II im Landratsamt zu jedem Kind einzelne Bearbeitungsabstimmungen vornehmen müsste und das jede Woche mehrmals. Ich glaube, dass dieses Monstrum an Verwaltung auf beiden Seiten nicht gewollt ist.
Diese vorangegangenen Hinweise, die nicht vollständig sein können, sollen Ihnen verdeutlichen, dass nicht nur wir als Verein, die Eltern und das Landratsamt vor enormen Problemen stehen und dass ganz besonders die Kinder darunter zu leiden haben werden !
Aus einer PM im Wochenkurier konnten wir entnehmen, dass nicht zweckgebundene Mittel des Bundes in Höhe von über 619.00.00 Euro dem Landkreis zugeordnet werden und dass diese Mittel – so wörtlich „jenen Menschen erreichen sollen, welche auf soziale Unterstützung und Beratung angewiesen sind“......... So könnte der bisherige Fördertopf sogar noch einen Aufschlag erhalten ??!!
Ich bitte Sie, im Sinne der betroffenen Kinder und Familien eine neue, positive Entscheidung zu treffen und die Förderrichtlinie der „Kinder- und Jugenderholung“ schnellstmöglich wieder in Kraft treten zu lassen.
Ich erwarte Ihre Information bis Mitte November und wäre Ihnen dafür sehr dankbar.
Mit freundlichen Grüßen
Serpina Bittner
stellv. Vorsitzende / Projektleiterin
im Namen des Vorstandes
Unsere Kinder sind die Zukunft, deshalb keine Kürzungen in der Kinder- und Jugendarbeit zulassen!
AntwortenLöschenIm Jugendhilfeausschuss wurde der betreffende Beschluss mit 6-Ja-Stimmen, 3-Nein-Stimmen und 1 Enthaltung angenommen. Die Vertreterin der LINKEN, Claudia Jobst, hat laut Protokoll angezeigt, dass sie dem Vorschlag der Verwaltung "nicht ohne Weiteres folgen" kann. Nun wäre es interessant, von ihr konkreter Auskünfte zu erhalten. Bitte, liebe Claudia, äußere Dich.
AntwortenLöschenDie Arbeit mit Kindern, vor allem die, wie sie Serpina macht, ist sehr wertvoll und notwendig und braucht jede Unterstützung. Diese ist durch das Teilhabe- und Bildungspaket schwieriger geworden, darf aber deshalb nicht "unter den Tisch fallen". Claudia Jobst sollte sich bitte schnellstens äußern, sie hatte das Schreiben von Serpina vor der Beratung im Jugendhilfeausschuss.
AntwortenLöschenWir haben genauso viel Wut wie Serpina.Anfang November hat Kerstin einen Termin beim Landrat und wird das dort ansprechen. Ansonsten hilft nur soviel Öffentlichkeit wie möglich (Presse, TV etc.)Wir sagen unsere Unterstützung zu.
AntwortenLöschenKerstin und Harald