Orientierung

Donnerstag, 14. Juli 2022

Neue Parteispitze will LINKE wieder stark machen

Wissler und Schirdewan veröffentlichen dazu ein Strategiepapier

Einigkeit gibt es in der Grundposition: DIE LINKE muss sich zurückmelden. Sozial gerechte Entlastungen gegen Inflation und Krise sowie eine Friedenspolitik mit wirklicher Perspektive sind erforderlich. Dazu müssen klare Aussagen und Kooperation mit den Gewerkschaften und den Sozialverbänden her. Aktionen in den Kreisverbänden werden bereits angekündigt. Dazu wird besonders an die Mandatsträger appelliert, "Beschlüsse von Basis und Parteitag zu respektieren". 

Im Oktober finden Landtagswahlen in Niedersachen sowie im kommenden Jahr in Bremen und Bayern statt. Auch mit Blick darauf müssen Signale gesetzt werden, dass es in der LINKEN wieder aufwärts geht.

Vgl. auch: ND, 14.07.2022, S. 4: Partner für Herbstoffensive gesucht. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1165299.krise-der-linken-partner-fuer-herbstoffensive-gesucht.html

Am 11. Juli wurde ein Mitgliederbrief veröffentlicht:


Liebe Genoss*innen und Genossen, 

der Bundesparteitag in Erfurt liegt nur wenige Tage zurück und als neues Vorsitzenden-Team haben wir eine intensive Anfangszeit hinter uns. Wir möchten uns von ganzem Herzen für das Vertrauen der Delegierten bedanken! Wir haben aus Erfurt einen klaren Auftrag mitgenommen: Wir werden als Team eng zusammenarbeiten. Wir wollen die notwendigen Veränderungen anpacken und die ganze Partei mitnehmen. 

Wir können DIE LINKE gemeinsam wieder stark machen - durch ein klares Profil. Eine linke Partei ist kein Selbstzweck. All die Menschen mit mittleren oder niedrigen Einkommen, die sich jetzt Sorgen machen, wie sie Rechnungen und Nachzahlungen bezahlen sollen, erwarten von uns zu recht Antworten. Die Inflation und die drohende Wirtschaftskrise haben schon jetzt dramatische Folgen. Vielen Familien fehlt das Geld für Geburtstagsschenke für die Kinder oder gesundes Essen. Währenddessen gehen die Gewinne vieler Unternehmen und die Dividenden ihrer Aktionäre durch die Decke. Wenn Politiker nun vom „Frieren für den Frieden“ reden, ist das nicht nur zynisch, sondern für viele Menschen eine reale Bedrohung. 

Die Ampel versagt angesichts der wachsenden Armut und der Enteignung der Beschäftigten durch steigende Preise und Mieten. Die Bevölkerung soll auf „Wohlstandsverluste“ eingeschworen werden. Im Herbst und Winter droht die soziale Krise zu eskalieren, wenn steigende Energiepreise, Mieten und Krankenversicherungsbeiträge, die Überschuldung von kommunalen Unternehmen, Versorgungsengpässe und eine Rezession zusammenfallen. Wir stellen uns dagegen auf mit einem Entlastungspaket, das seinen Namen verdient und heute die Bedingungen für ein besseres Morgen schafft. Wir schlagen dafür eine Politik vor, die die Lasten der Krise endlich gerecht verteilt und zugleich die Energie- und Verkehrswende mit massiven öffentlichen Investitionen vorantreibt. 

Es stehen harte Verteilungskämpfe an – wir müssen dafür sorgen, dass sie nicht nur von „oben“ geführt werden. Wir wollen daher zusammen mit euch und verschiedenen Bündnispartnern für einen „heißen Herbst“ gegen die unsoziale Politik der Ampel sorgen. Lasst uns Infostände und Aktionen machen, das Gespräch mit den Menschen in ärmeren An die Mitglieder der LINKEN 2 Kommunen und Stadtteilen suchen, Initiativen in Kommunal- und Landesparlamenten einbringen. Wir geben niemanden verloren und suchen das Gespräch mit Menschen, die DIE LINKE nicht (mehr) wählen oder sich von der Politik abgewendet haben. Unseren „LINKE hilft“- Angeboten kommt nun als praktische Solidarität eine besondere Bedeutung zu. Als Vorsitzende wollen wir alles dafür tun, dass wir uns als Partei schon jetzt darauf vorbereiten. Mit Gewerkschaften, Sozialverbänden, Netzwerken und Initiativen wie #ichbinarmutsbetroffen wollen wir die Chancen für ein breites gesellschaftliches Bündnis ausloten. Dazu werden wir im August zu einem Mitgliederzoom einladen. 

Beim Bundesparteitag haben wir intensiv diskutiert und klare Beschlüsse zum sozialökologischen Umbau und zur Friedenspolitik getroffen. Die Menschen, die sich vorstellen können, links zu wählen, erwarten von uns, dass wir uns ebenso für gute Arbeit einsetzen wie für konsequenten Klimaschutz, für Frieden und Völkerrecht wie für Demokratie und Menschenrechte. Der Parteitag hat dazu einen klaren Kurs beschlossen. Jetzt geht es darum, die Beschlüsse auch mit Leben zu füllen. Als LINKE haben wir gute Alternativen – wie das Klima-Job-Programm, einen Stufenplan für den Ausbau von Bus und Bahn hin zur kostenfreien Alternative – wir wollen sie bekannter und greifbarer machen. Zur Mobilitätswende in Stadt und Land wollen wir, anknüpfend an die Diskussion um das 9-EuroTicket, in den nächsten Monaten eine bundesweite Kampagnenarbeit starten und deutlich machen, dass Mobilität für alle bezahlbar sein kann. 

Als LINKE stehen wir solidarisch an der Seite der Menschen in der Ukraine. Wir verurteilen den russischen Angriffskrieg. Wir stimmen nicht ein in den Chor von Aufrüstung und Militarisierung. Wir fordern effektive Sanktionen gegen Putins Machtbasis, die Oligarchen und den militärisch-industriellen Komplex in Russland. Außerdem verlangen wir eine deutlich schnellere Energiewende für die Unabhängigkeit von fossiler Energie. Zugleich sind wir die mahnende Stimme gegen eine weitere Eskalation des Krieges und stellen uns als einzige Partei im Bundestag klar gegen die beispiellose Aufrüstungspolitik der Regierung, von der vor allem die Rüstungskonzerne profitieren. Das weltweite Wettrüsten ist brandgefährlich. Russlands verbrecherischer Angriffskrieg macht unsere Kritik an der NATO nicht obsolet, wie die faktische Rückendeckung für Erdogans Vorgehen gehen die Kurden zeigt. Für uns gibt es keine doppelten Standards. Wir werden auch jetzt – nachdem die 100 Milliarden für die Bundeswehr im Bundestag beschlossen wurden – unsere Stimme für ein andere „Zeitenwende“ hin zu Deeskalation und Abrüstung erheben! Am Internationalen Friedenstag, dem 1.September, und danach wollen wir mit entsprechenden Aktionen sichtbar werden. 

Liebe Genoss*innen und Genossen, 

Parteitagsbeschlüsse alleine bringen keine Wende. Die LINKE braucht einen Neuanfang im Umgang miteinander und in der gemeinsamen Verantwortung für die Existenz einer pluralen, demokratisch-sozialistischen Partei. Die Herausforderung ist klar: wir müssen unsere Positionen – anders als in der letzten Zeit - geschlossen nach außen kommunizieren. Wer für DIE LINKE ein Mandat bekleidet, hat ihr gegenüber auch eine Verpflichtung. Das gebietet der Respekt vor der Basis und dem Parteitag. Als Vorsitzende werden wir nach außen deutlich machen, wofür DIE LINKE steht. Es geht nur gemeinsam – mit klar definierten politischen Inhalten und mit dem Willen, sich im Interesse der Partei solidarisch einzubringen. Wir brauchen mehr Team, andere 3 Arbeitsweisen. Wir wollen dafür den Dialog mit euch, den Mitgliedern, mit den Landesvorständen und der Bundestagsfraktion verstärken. Der Parteivorstand hat hier eine besondere Verantwortung, die verschiedenen Ansätze und Ideen unserer pluralen Partei zu einer klaren Linie zu verbinden. 

Lasst uns unsere Partei gemeinsam weiterentwickeln! Die Zukunftsthemen sozialökologischer Umbau von Wirtschaft und Arbeitswelt sowie die internationale Frieden- und Sicherheitspolitik und die Zukunft Europas werden die gesellschaftlichen Auseinandersetzungen der nächsten Jahre prägen. Schon jetzt beginnen wir mit der Vorbereitung der wichtigen Europawahl 2024. Wir müssen unser Profil schärfen, ohne in einem jahrelangen Prozess der programmatischen Selbstbeschäftigung zu verschwinden. 

In der Diskussion um Sexismus und „me too“ sehen wir uns als Vorsitzende in der Pflicht, zu einem feministischen Kulturwandel beizutragen, der die gesamte Partei mitnimmt, der Verletzungen heilen kann statt neue zu erzeugen. Wir wollen Bildungs- und Diskussionsangebote schaffen und gemeinsam mit dem Parteivorstand die notwendigen Strukturen für Aufklärung, Unterstützung von Betroffenen und Prävention schaffen. 

Vor uns liegen große Herausforderungen. Die Verhältnisse spitzen sich auf beklemmende Art zu. Wir haben fortschrittliche Alternativen zur Politik der Ampel. Wir können dafür sorgen, dass sie bei den Menschen ankommen und in der Öffentlichkeit durchdringen. Die Themen sind klar. Die soziale Frage liegt auf der Straße. Das ist unsere gemeinsame Verantwortung als LINKE und eine Chance, wieder mehr Menschen zu erreichen. Wir werden als ganze Partei die anstehende Landtagswahl in Niedersachsen tatkräftig unterstützen. Jetzt geht es darum, zu zeigen: Mit uns ist zu rechnen, DIE LINKE macht den Unterschied - packen wir es gemeinsam an. 

Solidarische Grüße 

Janine Wissler Martin Schwirdewan



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