Orientierung

Samstag, 9. März 2019

Keine Diskussion ... Warum?

Kandidatenliste darf nicht Geheimpolitik sein


Außensicht
von G Dietmar Rode

Auf der Webseite der LINKEN.Landkreis Meißen wird über das Ergebnis der Kandidatenaufstellung vom vorangehenden Sonnabend berichtet. Unter der Überschrift "Guter Generationen-Mix bei der Linken" können wir die lächelnden Kandidaten für die Kreistagswahl sehen. Einige werden auch namentlich erwähnt. Alle Achtung für ihre Bereitschaft und ihr anspruchsvolles politisches Vorhaben!


So wie mir dürfte wohl den wenigsten der junge Mann mit dem dunklen Bart aufgefallen sein (3. von links) - ein Neuer. Normalerweise stellen sich die Bewerber auf einer solchen Wahlversammlung vor, nennen ihren Namen und ihre Situation, begründen ihre Kandidatur und stellen ihre politische Position dar. Das erfolgte jedoch in diesem Fall offenbar nicht aussagefähig genug. Niemand hatte deshalb Anlass, näher zu fragen oder gar zu diskutieren.  In den veröffentlichten Ergebnislisten der Webseite taucht er nicht auf. 

Inzwischen wissen die Leser der Sächsischen Zeitung mehr (09./10.03.2019, Ausgabe Meißen, S. 12). Er heißt Manuel Matzke, ist seit 2014 Gefangener in der JVA Zeithain, und erregte das Interesse der Medien u.a. durch seine mögliche Beteiligung an einer Protestveranstaltung in Riesa und durch seine Kritik an einer RTL-Sendung aus der Justizverwahranstalt als Sprecher der Gefangenengewerkschaft. So weit, so gut.


Aber zweifelsohne ist das ein besonderer, klärungsbedürftiger Fall im Kreisverband DIE LINKE.Meißen. Auch ein Strafgefangener kann natürlich seine staatsbürgerlichen Rechte wahrnehmen, z.B. also wählen und selbst gewählt werden. Und auch nach einem schwerwiegenden Gerichtsurteil (5 Jahre wegen Wirtschaftsbetruges) muss jeder Mensch eine erneute Chance in der Gesellschaft bekommen. Aber darüber muss doch auch innerhalb einer Partei gesprochen werden, vor allem, wenn es um ein politisches Mandat geht. Die Mitglieder des entsendenden Kreisverbandes müssen völlige Klarheit haben, um bewusst hinter ihrem Kandidaten stehen zu können. Nun werden manche vielleicht sehr überrascht sein.

Kreisvorsitzende Uta Knebel hat offenbar die Vorgespräche mit ihm geführt. In der "Sächsischen" sah man sie vor 4 Tagen unter der Überschrift "Häftling will Stadtrat werden" auf einem Foto gemeinsam mit ihm beim Kaffee. Warum gab es vorab keine weitere Transparenz dazu? Warum blieben die Genossinnen und Genossen am 02. März in Meißen offenbar so unzureichend informiert, dass es weder eine begründende, noch eine ablehnende Diskussion gab? War das so die Absicht von Uta Knebel? Scheut sie die öffentliche Diskussion oder sieht sie sich in der Rolle einer Alleinentscheiderin? Glaubt sie, sich eine unbequeme Debatte zu ersparen, indem sie die Basis außen vor lässt. Dieses Verhalten steht weder ihr selbst zu, noch steht es der LINKEN zu Gesicht. 

G. Dietmar Rode

Blogger, Radebeul

1 Kommentar:

  1. Ingo Kaiser, Diera-Zehren10. März 2019 um 14:47

    Jetzt am Wochenende steht ein kleiner Bericht über die Kandidatur des JVA-Häftlings Matzke für DIE LINKE in der SZ. Während der Mitgliederversammlung wurde darüber kein Wort von Kreisratsmitgliedern, dem Kreisgeschäftsführer, der MdL Kerstin Lauterbach oder sonstigen Vorstandsmitgliedern vernommen. Auch der neue Landtagskandidat für DIE LINKE Thilo Hellmann, der auch Ortsvereinsvorsitzender ist und für den Stadtrat auf Listenplatz 1 kandidieren will, hat nicht ein Wort zu dieser doch ungewöhnlichen Kandidatur geäussert. Sicher hat jeder Strafgefangene nach Verbüssung seiner Strafe ein Anrecht auf eine derartige Kandidatur, wenn kein Richterspruch oder Verlust bürgerlicher Rechte dagegen steht. Für mich ist dieses geheime und verschweigende Vorgehen, höchst undemokratisch. Die erforderliche Sensibilität vermisse ich hier eindeutig bei Personen, die vorgeben, die Partei DIE LINKE im Kreis Meißen verantwortlich zu führen. Gerade dieses Verschweigen einer derartigen und ungewöhnlichen Kandidatur bietet neue Angriffsflächen. Warum versuchte man nicht, die Mitgliederversammlung schon im Vorfeld zu informieren und für den Kandidaten evtl. auch ein Einverständnis zu bekommen? Wir haben genug innerpolitische Probleme und Problemchen. Die Mitglieder im Osten werden immer weniger. Es hilft uns hier nichts, wenn im Westen junge Mitglieder in unsere Partei eintreten, wir aber im Osten (ich mitgerechnet) total veraltert sind. Hier ist ein großer Fehler von einigen Verantwortlichen gemacht worden. Bin gespannt, ob und wie das gelöst werden soll. Ist der JVA-Kandidat schon Mitglied in unserer Partei? DEMOKRATIE scheinen einige bei uns für sich anders zu interpretieren. Ich vermisse hierbei auch wieder ein sozialistisches, soziales und arbeitnehmerfreundliches Verhalten.

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