Orientierung

Samstag, 13. Juni 2015

Endlich vor der eigenen Tür kehren!

Offener Brief an die Kreisorganisation DIE LINKE.Meißen

Liebe Genossinnen und Genossen der LINKEN. Meißen,

mit seiner Stimmabgabe schließt der Wähler einen symbolischen Vertrag ab - mit einer Partei oder einer Person seines Vertrauens. Er setzt voraus, dass diese demokratische Partnerschaft seinen eigenen Interessen und Bedürfnissen im gesellschaftlichen Leben entgegenkommt. Wird ihm das fürderhin bestätigt, wählt er sie beim nächsten Mal wieder. Das klingt einfach, ist es aber nicht. Wählerverhalten hängt von vielen rationalen und emotionalen Faktoren ab. Und deshalb sind die Parteien und ihre Vertreter in den Wahlgremien immer und immer wieder verpflichtet, den Wahlbürgern ihre Entscheidung als richtig zu bestätigen – durch die Umsetzung ihres Programmes, durch das Wirken ihrer Persönlichkeiten und durch die konstruktive Einbeziehung möglichst vieler Partner. Das setzt ein hohes Maß an Transparenz voraus. Was jedoch die Menschen nicht wahrnehmen, ist für sie quasi nicht existent oder nicht tatsächlich so, wie sie es sich bei ihrer Wahl gewünscht haben. Und das wird sich in ihrem weiteren Wählerverhalten niederschlagen.
Wir haben gerade wieder einmal Wahlen hinter uns. Es ging um die höchsten Ämter in mehreren Rathäusern unseres Landkreises und um das Amt des Landrates. Fragen wir uns, wie die Kreisorganisation DIE LINKE.Meißen dabei abgeschnitten hat:

-          Erstes und sehr wichtiges Ergebnis ist die Wahlbeteiligung. Sie war niedriger denn je, und lag bei 36,8%. Von 205.000 Wahlberechtigten gingen demzufolge nur etwa 75.500 an die Wahlurnen. Zur Landratswahl 2008 waren es noch 42,7%.  Auch wenn wir den seither erfolgten Bevölkerungsschwund (ca. 14.000) berücksichtigen, müssen es jetzt schätzungsweise 12.000 Wähler weniger gewesen sein. Der Verlustanteil für DIE LINKE müsste dann bei über 2.000 liegen.


-          Zweitens ist festzustellen, dass an keinem Wahlort im Kreis ein Vertreter der LINKEN oder ein von ihr offiziell unterstützter Kandidat ein Amt errang. Selbst das neue Wahlbündnis von LINKER, SPD, GRÜNER und Piraten führte nicht dazu, dass ein neuer Landrat gewählt wurde. Noch problematischer ist, dass das Wählerpotenzial dieser vier Parteien bei weitem nicht für den gemeinsamen Kandidaten mobilisiert wurde. Zählen wir die Wählerstimmen dieser vier Parteien aus der Kreistagswahl von 2014 zusammen, kommen wir hypothetisch auf etwas über 32.000 Stimmen, während Thomas Gey 2015 tatsächlich nicht einmal 17.000 bekam! Vergleichen wir sein Ergebnis mit dem Kandidaten, der sich bei der Landratswahl 2008 nur auf DIE LINKE stützen konnte, stellen wir fast die gleiche Zahl der Wähler fest; er bekam sogar 10 Stimmen mehr.

-          Drittens ist zu bedenken, dass bei Wahlen auf dieser Ebene eine Kreistagsfraktion eine ganz besondere Rolle spielt. Als stärkste Oppositionskraft im Kreistag muss die LINKE logischerweise am besten in der Lage sein, die Rolle des bisherigen CDU-Landrates kritisch einzuschätzen, um daraus einen gültigen Neuvorschlag zu unterbreiten. Nun können die wenigsten Wähler die anspruchsvolle Fraktionsarbeit direkt und ständig verfolgen. Die bürgerlichen Medien werden einem Amtsinhaber auch immer einen gewissen Bonus geben, während die Opposition sich hinten an stellen muss und leicht vernachlässigt wird. Aber selbst in ihren eigenen Medien hat sich die Kreistagsfraktion der LINKEN erstaunlich bedeckt verhalten. So gab es z.B. in der eigenen Website, einem heutzutage nicht zu unterschätzenden Informationskanal, seit dem 30. März 2015 nicht eine einzige Meldung aus der Fraktion, vom tragischen Todesfall eines Fraktionsmitgliedes einmal abgesehen. Was ist in einem Wahlkampf davon zu halten? Unterlassene Hilfeleistung?

Liebe Genossinnen und Genossen,
unsere Partei DIE LINKE konnte ihre Wähler im Landkreis Meißen in diesem Jahr deutlich schlechter mobilisieren als bei vorangegangenen Wahlen. Damit erscheint auch die Wertung der Kreisvorsitzenden Kerstin Lauterbach, das Wahlergebnis wäre nicht optimal gewesen, als platte Beschönigung und Fehleinschätzung der Lage. Es ist eine Niederlage, aus der wir herauskommen müssen! Nur wenn wir offen und realistisch an die Analyse herangehen, werden wir die Ursachen finden und überwinden können.

Natürlich muss man allen danken, die sich auch dieses Mal aktiv eingesetzt und ihr Bestes gegeben haben, um den Walhkampf zum Erfolg zu bringen. Es waren viele Wochen angespannter Arbeit. Und das im 3. Jahr in Folge. Und dennoch dürfen wir uns vor Selbstkritik nicht scheuen.

Heinz Hoffmann, Spansberg
Dr. G. Dietmar Rode, Radebeul

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