Rico Gebhardt auf dem Dresdner Parteitag März 2014/ Foto: Rode |
Rico Gebhardt: Schwarz-Gelb Auslauf-, Rot-Rot-Grün Zukunftsmodell
Erwiderung von Rico Gebhardt, Vorsitzender der Fraktion DIE LINKE im Sächsischen Landtag, auf die Regierungserklärung von Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) unter dem Titel: „Auf solidem Fundament erfolgreich für Sachsens Zukunft“Das war’s, Herr Ministerpräsident.
Die fünfte Wahlperiode des Sächsischen Landtags ist fast Geschichte. Damit steht auch die letzte schwarz-gelbe Koalition Deutschlands vor dem Ende. Sowas nennt sich im Land des Automobilbaus Auslaufmodell.
Ob sich die FDP nach dem Schokoladenriegel-Modell Raider/Twix nun demnächst umbenennt oder nicht, ändert an ihrem Aus wohl nichts mehr.
Aus eigener Erfahrung mit Umbenennungen weiß ich nämlich: Das funktioniert nur, wenn der Marken-Wechsel inhaltlich untersetzt ist. Die SED hieß schließlich PDS, weil sie nicht mehr die SED war. Und aus der PDS wurde DIE LINKE, nachdem aus der ostdeutschen einegesamtdeutsche Partei geworden war.
Dass wir nicht mehr die SED sind, ist ja inzwischen selbst von der sächsischen CDU gewissermaßen amtlich bestätigt. Zwar mit einer – im Vergleich zu den anderen ostdeutschen Ländern – jahrzehntelangen Erkenntnisverzögerung. Aber 2013, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, hat es auch bei Ihnen Klick gemacht – und wir haben gemeinsam die Sächsische Verfassung geändert. Eine im Vierteljahrhundert seit der friedlichen Revolution noch nie dagewesene Kooperation zwischen den politischen Polen des demokratischen Spektrums dieses Landes wurde Realität.
Das ist der Fakt. Ja, Teile meiner Fraktion und Partei waren in der Sache anderer Meinung.
Übrigens auch Abgeordnete von SPD und GRÜNEN. Der Herr Kollege Schiemann von der CDU wiederum hat stets durchblicken lassen, dass er eigentlich überhaupt keine Änderung der Verfassung wollte. Und die FDP? Sie wollten keine Schuldenbremse, sondern ein Krawallthema für den Landtagswahlkampf: Seht her, die Linken wollen Sachsens Erspartes verprassen. Wir sind Ihnen, Herr Zastrow, nicht auf dem Leim gegangen.
Aber Sachsens Linksfraktion und DIE LINKE in Sachsen können nicht nur kontroverse Diskussionen als die politische Konkurrenz. Wir haben auch stärkere Nerven und deshalb haben wir in Sachsen eine Schuldenbremse mit Sozialausgleich bei der Haushaltsaufstellung erreicht.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
Schwarz-Gelb hat im Jahr 2010 die Jugendpauschale um ein Drittel zusammengestrichen und damit bei der Jugendarbeit gerade im ländlichen Raum großen Schaden angerichtet.
Das ist schlicht unsozial und schwächt den ländlichen Raum!
Schwarz-Gelb hinterlässt uns ein Land, dessen Sozialstandards hinter Brandenburg und Thüringen liegen, im Gesamtländervergleich bestenfalls Mittelmaß und streckenweise Schlusslicht sind: Sächsische Behinderte erhalten die niedrigsten Eingliederungsleistungen; Wohlfahrtsverbände und Selbsthilfegruppen eine vergleichsweise geringe Förderung.
Das ist schlicht unsozial und dient nicht dem sozialen Zusammenhalt in diesem Land!
Schwarz-Gelb hat ein Standortgesetz produziert, dass BehördenmitarbeiterInnen zu sinnlosen Umzügen bzw. längeren Arbeitswegen nötigt und Menschen ohne Auto den Weg zum Amt erheblich erschwert. Das ist sozial ungerecht!
Sachsen brauchte also dringend die verfassungsmäßige Verpflichtung zum sozialen Ausgleich bei der Haushaltsaufstellung, damit nicht länger bei den Falschen gespart wird.
Dafür hat DIE LINKE gesorgt und eine bundesweit einzigartige Regelung durchgesetzt – denn wir sind 100 Prozent sozial, und das erst recht hier in Sachsen!
Natürlich kam der Konsens in der Verfassungsdebatte auch deshalb zustande, weil wir Erzgebirger – nicht wahr, Herr Flath – nach dem Motto verfahren: „In der Ruhe liegt die Kraft“.
Wir lassen uns bei ernsthaften Verhandlungen nicht von polemischen Phrasendreschern irritieren und gehen unseren Weg. Begleitet von klugen Fachleuten und Unterhändlern.
Leider hat die schwarz-gelbe Verstocktheit bei der eigentlich selbstverständlichen Anpassung der Haushaltsordnung an die neue Verfassungslage erneut gezeigt, dass Ihre politische Beziehungsfähigkeit noch auf sehr geringen Niveau ausgeprägt ist. Lernen können Sie das liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU nur in der Opposition, das ist uns als LINKE klar.
Noch mal zurück zu Ihnen, Herr Flath. Sie müssen ja nach mir reden, und ich rede deswegen vor Ihnen, nun ja: Ich sag es trotzdem: Ich glaube, ich werde Sie demnächst hier im sächsischen Landtag vermissen. Nun kann man ja nicht behaupten wir hätten uns so an einander gewöhnt wie ein etwas älteres Ehepaar, dazu bin ich zu kurz in meinem Amt, aber ich habe an Ihnen schätzen gelernt: Auf Ihr Wort konnte man sich verlassen, und das bedeutet in der Politik viel, eigentlich sehr viel. Also, vielen Dank für die gemeinsame Zeit hier im Landtag!
Doch zurück zur Regierungserklärung:
Herr Ministerpräsident, ich werfe Ihnen nicht vor, dass Sie nicht der landespolitische Lautsprecher in der Bundespolitik sind.
Ich will auch nicht darüber richten, ob Sie vielleicht ein bisschen sehr viel Zeit mit Soft-Terminen verbringen, bei denen oft ergebnislose Kommunikations-Folklore im Vordergrund steht.
Worum es mir geht, sind die harten Fakten Ihres Regierungshandelens. Zum Beispiel der rüde Umgang mit den Staatsbediensteten – es ist kein Zufall, dass es 11.000 Wiedersprüche und 4.000 Klagen sächsischer Beamter gibt.
Sie haben zu Beginn dieser Wahlperiode eine, ich wiederhole: eine, einzige konkrete Ankündigung gewagt: Sachsens Bestand an Landesbediensteten müsse bis 2020 auf 70.000 schrumpfen. Dabei hatten Sie nicht an die LehrerInnen und Polizisten gedacht, die Sachsen braucht, von ErzieherInnen ganz zu schweigen.
Ein Kultusminister stürzte – mein Mitleid hielt sich in Grenzen. Ein bildungspolitischer Sprecher der CDU trat zurück – das habe ich bedauert.Denn, unbeschadet aller Meinungsverschiedenheiten im Detail, Thomas Colditz war zumindest ein guter Lobbyist in Sachen Bildungspolitik und hat darin einen guten Job gemacht.
Am Ende dieser Wahlperiode erscheint diese hoffentlich vorerst letzte CDU-geführte Regierung wie eine chaotische Reparaturbrigade ihrer selbst, denn alles, was sie gerade verspricht zu heilen, hat sie selbst verursacht. Beispielhaft steht dafür die komplette Fehlplanung der Doppelhaushalte 2009-10 und 2011-12, die Sie nun mit dem Entwurf für 2015/2016 vergessen machen wollen.
Hier mal nachträglich schnell ein paar Lehrer mehr, weil Unterrichtsausfall und Proteste zu sehr drücken. Einen Plan für eine dauerhaft voll funktionsfähige Schule aber haben Sie nicht.
Fast das gleiche Spiel beim Umgang der Regierung mit der Polizei.
Hier wird das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung jahrelang mit Füßen getreten, und nun entdecken Sie rechtzeitig vor der Wahl, dass Sachsen mehr Polizeinachwuchs braucht.
Sie reden von 400 im Jahr, aus der Altersstruktur der sächsischen Polizei ergeben sich im Schnitt 500 Abgänge pro Jahr, Tendenz steigend.
Einen Plan für die Polizei haben Sie also: die planvolle Schrumpfung.
Ich will bei keinem Thema Ihrer Versuchung auf den Leim gehen, mich in kleinteiligen öffentlichen Zahlenstreit zu verstricken, der nur die Leute verwirrt. Was ja genau Ihre Absicht ist.
Es geht nicht um ein paar hundert Lehrer und Polizisten mehr oder weniger. Sondern darum, dass Ihnen die Innovationen für eine nachhaltige Politik fehlen. Ihnen fällt schlicht nichts mehr ein.
Sie sind der Dinosaurier unter den Landesregierungen.
Sie bestrafen Wasserkraft-Betreiber durch Existenzgefährdende Abgaben und drängen die Windkraft zurück.
Zugleich setzen Sie verschärft auf den Klimakiller Braunkohle, nehmen 1.700 Menschen ihre Heimat und verwüsten ganze Landstriche. Und das mit dem Vorsatz, damit noch mindestens 50 Jahre weiterzumachen.
Während Brandenburg bei der Förderung der erneuerbaren Energien nachweislich führend ist und damit den mittelfristigen Ausstieg aus der Braunkohleverstromung, wie wir ihn wollen, ermöglicht, feiert in Sachsen die Braunkohle-Politik der DDR Wiederauferstehung. Peinlich, wirklich peinlich.
Die CDU ist ausgelaugt, als Kronzeugen darf ich einen renommierten Politikwissenschaftler aus Dresden zitieren, der Ihr Parteibuch hat: Der CDU fehle das (Zitat) „Verständnis für das Lebensgefühl in den Großstädten“, sagte Prof. Patzelt. Recht hat der Mann!
Ich sage: Allerdings nicht nur in Bezug auf die Großstädte, sondern auf die Menschen in ganz Sachsen.
Wir erleben in dieser Woche eine weitere Protestwelle, die sich gegen die unzumutbaren Zustände in sächsischen Kindertagesstätten richtet.
Nun haben Sie, Herr Ministerpräsident, den Erzieherinnen, den Eltern wieder etwas versprochen. Nach dem Modell, das wir schon von den Schulen und der Polizei kennen: Die CDU verspricht Reparaturen an den Schäden, die die von der CDU geführte Staatsregierung vorher durch Nichtstun selbst angerichtet hat.
Nun sollen also die Kitas ein paar Euro mehr kriegen, nachdem ihr Budget viele Jahre eingefroren war. Sie wollen Ihnen unter anderem 50 Euro für eine Qualitätsverbesserung zugestehen – was für eine Arroganz den Beschäftigten gegenüber.
Was wir brauchen, ist eine effektive Verbesserung des Kita-Personalschlüssels durch mehr qualifizierte Erzieherinnen und Erzieher. Noch mal: Es geht um mehr qualifiziertes Personal und nicht um Hilfskräfte oder EhrenamtlerInnen als Ersatz.
Ich bin, was Geräuschkulisse durch kindliche Kommunikation angeht, von zu Hause einiges gewohnt. Aber was ich bei den verdienstvollen Aktionen „Perspektivwechsel“ der Wohlfahrtsverbände erlebt habe, sagt nicht nur meinen Ohren: So können wir in der frühkindlichen Bildung in Sachsen nicht weiter machen.
Auf dem Papier haben wir Gruppengrößen von 13 Kindern, was eigentlich schon zu viel ist. Tatsächlich sind es – da Urlaub, Fortbildung usw. nicht mitgerechnet wird – oft genug 19 Kinder, mit denen eine Erzieherin den Tag verbringt. Das hält kein Mensch auf Dauer ohne gesundheitliche Beeinträchtigungen aus, vor allem dann nicht, wenn man wie die engagierten sächsischen Erzieherinnen und Erzieher jedes Kind individuell fördern möchte bzw. sogar nach dem Gesetz dazu verpflichtet ist. Selbst das gemeinsame Zähneputzen-Üben klappt kaum noch, wie das Ministerium selbst festgestellt hat.
Um es in der Sprache des Sports zu sagen: Sachsen steht bei der frühkindlichen Bildung auf einem Abstiegsplatz – wir wollen Sachsens Kitas aber bundesweit in eine Spitzenposition bringen. Das schaffen wir auch, wenn die Richtlinienkompetenz der Staatskanzlei und das Finanzministerium nicht mehr in der Hand der CDU sind!
Ein bisschen schwanger gibt es nicht – mit ein bisschen weniger CDU in der Regierung ist es nicht getan. Wer glaubt, er könne das Bundes-Koalitionsmodell auf Sachsen übertragen, wird sein schwarzes Wunder erleben. Was uns dann erwartet, sehen wir jetzt an Segnungen der Großen Koalition wie der „Mütterrente“. 25 Euro pro Kind wurden den Frauen in Sachsen und den anderen neuen Bundesländern versprochen, was sowieso weniger als im Westen wäre.
Da aber in der DDR die Mütter nach dem Wochenurlaub zum großen Teil wieder gearbeitet haben, kursieren nun in den Leserbriefspalten der Zeitungen Beispiele wie diese: 53 Cent für ein Kind, oder 3,25 Euro für fünf Kinder statt 25 Euro für ein Kind.
Mit Verlaub, da müssten eigentlich sogar die politisch ganz Schwarzen rot vor Scham werden – denn das ist Betrug! Wir wollen ein soziales Sachsen; eine Bildungspolitik von der Krippe bis zur Hochschule, die alle mitnimmt; eine moderne und bürgernahe Verwaltung; demokratische Erneuerung; aktive Arbeitsmarktpolitik und eine Wirtschaftsförderung, die sich nicht auf Leuchttürme beschränkt, sondern den noch immer ausblutenden ländlichen Raum berücksichtigt.
Die damalige CDU-Alleinregierung setzte in der Ära Biedenkopf vor allem auf Leuchttürme, ob sie nun VW oder AMD hießen, die Großen in der Auto- und Chipindustrie standen im Mittelpunkt. Das war aus heutiger Sicht weniger falsch, als wir damals oft kritisierten. Denn starke internationale Player tragen zum Renommee des Freistaates bei und bilden einen global wettbewerbsfähigen wichtigen Teil des Rückgrats der Wertschöpfung.
Aber gleichwertige Lebensverhältnisse in ganz Sachsen lassen sich allein so nicht schaffen. Denn es können nicht alle Sachsen in ein paar industrielle Zentren pendeln. Das innovative Potenzial großer Teile des Landes bleibt so unberücksichtigt. Die Vielfalt Sachsens, auf die wir doch so stolz sind, wird nicht genug ins Spiel gebracht. Da bin ich ganz beim Papier „Sachsen 2020“ der Vereinigung der Sächsischen Wirtschaft und des Sächsischen Landkreistages.
Ja, wir haben in Sachsen spürbar mehr Zuwanderung auch durch junge Leute: in Dresden und Leipzig vor allem an den Universitäten. Und wir haben viele Regionen mit starker Schrumpfung der Bevölkerung – auf diese wachsende Kluft zwischen Stadt und Land haben Sie keineAntwort! Es kann ja kein Zufall sein, dass wir trotz Abriss von mehr als 100.000 Wohnungen immer noch 220.000 leerstehende Wohnungen in Sachsen haben.
Unsere Orientierung auf die klein- und mittelständische Wirtschaft, die Anfang der 90-er Jahre altbacken wirkte, ist nun hoch aktuell. Es ist die Zukunft einer hoch flexiblen, dynamischen, regional und international vernetzten Wirtschaft.
Auch wir LINKE haben dazugelernt und haben deshalb in unserem Wahlprogramm ausdrücklich eine Fusions-Förderung im KMU-Bereich drin stehen, weil unsere sächsische Wirtschaft insgesamt zu kleinteilig ist, um langfristig zu Regionen wie Baden-Württemberg und Bayern aufschließen zu können.
Damit sind wir beim Mindestlohn, der ja auch nach Meinung des amtierenden Ministerpräsidenten zum Schaden der Wirtschaft in Sachsen ist. Herr Ministerpräsident, Sie haben Ihre Position kontra flächendeckender gesetzlicher Mindestlohn erst aufgegeben, nachdem Ihnen Meinungsumfragen zeigten, dass nur drei Prozent der Menschen in Sachsen Ihrer Meinung sind – also die aktuellen Umfragewerte der FDP in Sachsen. Und nachdem klar war, dass die GroKo in Berlin trotz schwarz-gelben Weltuntergangsgeschreis aus Dresden unerbittlich Kurs auf den Mindestlohn nimmt.
Uns soll es recht sein. Wir waren bereits glühende Anhänger des Mindestlohnes und des Grundsatzes, dass man von Arbeit leben können muss, als wir damit unter den relevanten demokratischen Parteien im Lande allein da standen.
SPD und Gewerkschaften waren damals noch strikt gegen den gesetzlichen Mindestlohn. Das ist nicht schlimm, wir müssen alle gelegentlich dazulernen.
Auf Initiative des DGB Sachsen hatten LINKE und SPD in dieser Legislaturperiode einen Vergabegesetz-Entwurf in den Landtag eingebracht, der bereits die 8,50 Euro Stundenlohn als Bedingung für Vergabe öffentlicher Aufträge festgelegt hat.
Die CDU Sachsen hat diesen Gesetzentwurf abgelehnt. Nun hat die CDU den gesetzlichen Mindestlohn in der Bundesrepublik mit eingeführt, wenn auch mit einigen peinlichen Gegenstimmen sächsischer CDU-Bundestagsabgeordneter. Sie sehen: DIE LINKE wirkt!
An diesem parlamentarischen Vorstoß, der gewissermaßen der bundesweiten Entscheidung pro Mindestlohn vorausgegangen ist, waren schließlich auch die GRÜNEN beteiligt.
Rot-Rot-Grün funktioniert, wie Dutzende gemeinsamer Vorlagen im Landtag gezeigt haben.
Rot-Rot-Grün ist wegweisend für Deutschland.
Rot-Rot-Grün sollte ab Herbst die dominierende Farbkombination in Sachsen sein!
Liebe Kolleginnen und Kollegen von den demokratischen Fraktionen, lassen Sie uns gemeinsam bundesrepublikanische Geschichte schreiben! Wo es Auslaufmodelle gibt, wird immer auch an Zukunftsmodellen gearbeitet – das hat in Sachsen den Arbeitstitel „Rot-Rot-Grün“.
Die erstmalige bundesweite, flächendeckende gesetzliche Festschreibung eines Mindestlohns ist ein historischer Fortschritt. Wir bleiben dabei, dass er für jedes reguläre Arbeitsverhältnis gelten muss. In diesem Sinne werden wir auch weiter Druck machen.
Ja, es gibt Unternehmer in Sachsen, die Schwierigkeiten haben, den Mindestlohn zu zahlen. Ihnen muss geholfen werden, aber nicht so, dass die Beschäftigten nach der Arbeit zum Amt gehen müssen – sondern diese Unternehmer.
Außerdem sollten wir alle die Kirche im Dorf lassen: Die Forschungseinrichtung der Bundesagentur für Arbeit, das IAB, hat errechnet, dass die Lohnsumme in Deutschland insgesamt durch den Mindestlohn um gerade mal rund anderthalb Prozent wächst.
Wer angesichts dessen vor der Wiedereinführung des Sozialismus warnt, ist nicht ganz bei Trost!
Ein weiteres Thema, das die Politik in Berlin wie Dresden befasst hat, war die Mordserie des „Nationalsozialistischen Untergrunds“. Der NSU-Untersuchungsausschuss im Sächsischen Landtag hat nach Auffassung des rot-rot-grünen Minderheitsvotums klar zutage gebracht: Dieser von Sachsen ausgehende mörderische Nazi-Terror hätte verhindert, das Terror-Trio in Sachsen rechtzeitig gefasst werden können.
Diese Verantwortung dürfen wir nicht nach Thüringen abschieben, wie es Schwarz-Gelb lange Zeit versucht hat. Daraus müssen politische Konsequenzen gezogen werden – „Nazi-Asyl“ im Landtag, wie wir es im Vormonat erleben mussten, ist jedenfalls die falscheste aller Antworten, Herr Landtagspräsident! Ich freue mich, dass Sie das inzwischen auch erkannt haben.
Eine falsche Antwort auf Bedrohung der rechtsstaatlichen Ordnung ist auch der planvolle demografische Niedergang der sächsischen Justiz: Die Hälfte der Richter ist über 50 Jahre, nur ein Prozent unter 40 Jahren – die CDU-geführte Regierung steuert auf einen Kollaps der hiesigen Gerichtsbarkeit im nächsten Jahrzehnt zu. Denn wie Sie bis dahin den nötigen Justiz-Nachwuchs organisieren – auch dafür haben Sie keinen Plan!
Ich weiß ja, Herr Ministerpräsident, das Gerücht, Sie könnten EU-Kommissar werden, hat sich nicht erhärtet. Schade eigentlich – denn ich glaube, in Brüssel wären wir Sachsen mit Ihnen gut vertreten. Dort kommt es auf geschmeidiges Verhandeln hinter den Kulissen an, davon verstehen Sie was. In der Staatskanzlei in Dresden sind dagegen regelmäßig klare Entscheidungen – und ein beherztes Auftreten in der Öffentlichkeit auch in komplizierten Konfliktsituationen gefragt. Es wäre ein Verstoß gegen das achte der Zehn Gebote, kein falsches Zeugnis wider seinen Nächsten abzulegen, würde ich behaupten: Das hat der Herr Ministerpräsident aber gut gemacht!
Aber abgestimmt wird am 31. August sowieso nicht über das Arbeitszeugnis für einen Ministerpräsidenten, sondern über den Einfluss der Parteien auf die künftige Gestaltung des Landes.
Die CDU hat fertig. Es war nicht alles schlecht, was Sie in 24 Jahren zusammenregiert haben. Aber so darf es mit dem Freistaat nicht weiter gehen.
Vielleicht werden wir manchmal Kurt Biedenkopf um Rat fragen – nicht gerade wenn es um die Porzellanmanufaktur in Meißen geht. Und ganz sicher werde ich mir die Vorschläge des Weltbürgers Prof. Gillo zur Willkommenskultur in Sachsen zu Eigen machen. Mit Erich Iltgen, unserem langjährigen früheren Landtagspräsidenten, werde ich gerne über den Weg zu mehr direkter Demokratie in Sachsen sprechen.
Die Wählerinnen und Wähler haben am 31. August die Wahl: Schönreden wie bisher oder besser machen mit neuer, unverbrauchter Kraft!
Glück Auf!
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