Zur Debatte um die Zweitwohnsitzsteuer für Garten- und Datschengrundstücke
erklärt Caren Lay, Mitglied des Deutschen Bundestages:
Die Überlegung einiger Kommunen, nach dem Urteil des Sächsischen Oberverwaltungsgericht für Wochenendgrundstücke eine Zweitwohnsitzsteuer zu erheben, grenzt an eine Frechheit.
Ich fordere alle Gemeinden auf, dem Beispiel des Radeburger Oberbürgermeister Herr Jesse und dem Coswiger Oberbürgermeister Herr Neupold zu folgen, und der Besteuerung der Wochenenderholung eine klare Absage zu
erteilen.
Zwar bin ich mir der klammen Lage der Kassen in den Kommunen bewusst, aber die Lösung kann nicht in der Besteuerung der Bürgerinnen und Bürger liegen. Hier gilt es an der Stellschraube der Mittelzuweisungen zu drehen.
DIE LINKE setzt sich schon sehr mehreren Jahren für eine solide Finanzausstattung der Kommunen ein, um soziale und demokratische Teilhabe wirksam umzusetzen. Bund und Länder tragen Hauptverantwortung für sinkende Einnahmen und steigende Ausgaben, nicht die Besitzer der Wochenendgrundstücke.
Kristin Hofmann, Wahlkreismitarbeiterin
Siehe auch: http://de.wikipedia.org/wiki/Datsche
Anmerkung: In unserer Kreistagsfraktion ist Peter Tschäpe der ausgemachte Spezialist für dieses Thema. Er ist der Vorsitzende der Kleingartensparte in Pulsen, einer der größten Gemeinschaften dieser Art in Sachsen, und hat langjährige Erfahrungen in der Interessenvertretung seiner Mitglieder.
Reaktion erfolgt sicher in Unkenntnis folgender Tatsache: In Radebeul gibt es ca.250 Schwarzbauten in geschützten Gebieten, die dort Wohnenden geben Briefkastenadressen in Dresden bei Bekannten an, um als Wochendsiedler zu gelten. Hier ist die Zweitwohnungssteuer die einzige Möglichkeit einen Beitrag dieser Illegalen für das Leben in der Gemeinde zu erreichen. Michael aus Radebeul
AntwortenLöschenUnd ich dachte immer, die Linke wolle den Armen (auch: Wohnungslosen) geben und von den Reichen (auch: reich an Wohnsitzen) nehmen. Caren Lay sieht das wohl anders.
AntwortenLöschenRudi aus Rdbl.-Lindenau
Man muss wohl einen Unterschied machen zwischen Kleingarten und Wochenendgrundstücken. Rudi aus Radebeul muss ich Recht geben. Gerade an solchen Orten wie Radebeul haben doch Leute Wochenendgrundstücke, die sich schon zu DDR-Zeiten zu den "Besseren" zählten und Privilegien hatten.
AntwortenLöschenLieber Rudi - ich verstehe die Stimmungsmache gegen die Datschenbesitzer nicht!
AntwortenLöschenIch muss doch mit Verlaub dran erinnern, dass Datschen und Kleingärten eine Errungenschaft der Arbeiterbewegung sind.
Datschenbesitzer per se als reich einzustufen oder andere Vorurteile zu schüren geht sicherlich am Kern der Sache vorbei. Mir geht es vor allem darum, dass die Kommunen ihre absolute Finanzmisere nicht auf dem Rücken der kleinen Leute austragen, und dazu zähle ich Datschennutzer dazu, sondern dass Bund und Länder die Kommunen ordentlich zu finanzieren haben. Es darf nicht sein, dass der finanzielle Druck darin Ausdruck findet, dass sich die Bürgerinnen und Bürger untereinander streiten. Heute sind es die Datschenbesitzer, morgen dann die Eltern der Kinder die einen Kindergartenplatz bekommen haben.
Wir setzen uns für eine gerechte Verteilung ein!
Ich verstehe den Rudi aus Lindenau sehr gut - was natürlich schwieriger ist, wenn man Abitur in Neuwied (Rheinland-Pfalz) gemacht hat und seine Politikwissenschaften in Marburg, Frankfurt a. M., Pennsylvania (USA) und Westberlin studiert hat, wie Caren Lay.
LöschenDie ersten Datschen waren Gaben von Fürsten oder Zaren an treuen Vasallen. - schreibt Wikipedia noch viel zutreffender, als ich erwartet hätte.
Allerdings war dieses angeblich "eines der wenigen russischen Wörter, die auch im Sprachgebrauch in der DDR verwendet wurden" ursprünglich typisches Funktionärsdeutsch der SED-Nomenklatura (Partei- und Staatsapparat), übernommen und ironisch angewendet von der zweiten (inoffiziell) privilegierten Schicht in der DDR - den selbständigen Handwerkern und Gewerbetreibenden, die mit behördlichem Stillschweigen zu Schwarzbauten meist erfolgreich ruhiggestellt wurden.
Einfache Arbeiter und Angestellte (ohne Beziehungen zu Privilegierten) waren gewöhnlich froh, wenn sie einen Kleingarten bekamen, wo der VKSK meist strikt (geradezu stalinistisch) darauf achtete, dass nicht ungenehmigte Wohnflächen zulasten von Anbauflächen "die Versorgung der Bevölkerung mit Frischgemüse" schmälerten.
Das heutige Bundeskleingartengesetz erlaubt ein Maximum von 24 qm Grundfläche einschl. überdachtem Freisitz.
Die Gemeinde möchte ich sehen, die es hier wagen würde, Zweitwohnungssteuer zu erheben.
Für moralisch mehr als berechtigt - wenn man schon Recht und Gesetz nicht folgen will (Abrissbirne wäre angezeigt.) - halte ich die Zweitwohnungssteuer jedoch für jene DDR-Schwarzbauten, die im 22. Jahr nach dem Ruf "Schluss mit den Privilegien" noch immer im Landschaftsschutzgebiet geduldet werden.
Datschenbesitzer waren und sind überwiegend Privilegierte - vom Zaren bis zur SED-Kreisleitung und den noch heute mehrheitlich dazu schweigenden Stadträten von Radebeul.
Kleingärtner sind keine Datschenbesitzer und daher von drohender Zweitwohnungssteuer nicht betroffen.
Der Sturm der Entrüstung über die vermeintliche Bedrohung entpuppt sich als heisse Luft. Schöne linke Politik.
http://www.stv-kleingaertner-schweinfurt.de/auszug_bundeskleingartengesetz.htm
Aus gutem Grund möchte ich an den Beitrag von Caren Ley anknüpfen. Den Kleingärtnern und Wochenendsiedlern ist das Pachtverhältnis gemeinsam, das bedeutet sie haben Eigentum auf fremden Land und müssen sich Regeln unterwerfen. Zwanzig Jahre nach der Wende sehen heutige Privilegierte anders aus; diese Bauen auf eigenem Land und leben nach eigenen Regeln. Wochenendsiedler sehen sich nicht zu unrecht als Zahleister der Kommunen, nach Straßenausbaubeiträgen, Abwasser- und Trinkwasser-Anschlussbeiträgen soll die Zweitwohnungssteuer weitere Löcher stopfen. Und ab 2013 verangt die GEZ- Reform von den Wochenendgrundstückenden vollen Beitrag. Der Sommertarif soll ersatzlos gestrichen werden. Dem Gesetzgeber und den Kommunen kommt eine Privilegirtendebatte nicht ungelegen. Den Datschennutzern bleiben nur zwei Wege: Aufgeben und 50% der Abrißkosten tragen oder murrend bezahlen so lange es geht. Die Pacht beträgt bereits zwischen 0,50 bis 1,00 EURO pro Quadrahtmeter und Jahr. Das Wohnen im Winter wird vorausgesetzt.
AntwortenLöschenPeter Tschäpe
Vorsitzender der Kleingartensparte in Pulsen/Altkreis Riesa
Wie vereinbart sich das aber mit dem Bundeskleingartengesetz, das nur 24 qm überdachte Fläche - ausdrücklich "zum dauerhaften Wohnen nicht geeignet" - zulässt?
LöschenWer will da eine ZweitWOHNUNGS-Steuer erheben, ohne sich lächerlich zu machen?
Was die GEZ betrifft, so wäre die allerdings wirklich eine "dankbare" Zielscheibe für linke Kritik und revolutionären Veränderungswillen, da stimme ich zu.
Ich möchte Peter seine auf praktische Erfahrung stützende Aussagen voll unterstützen. Laubenpieper haben in der Geschichte unseres Landes eine lange Tradition. Oft gingen die Kleingärten von einer Generation in die andere über. Mit Stolz berichten Zeitzeugen, wie die Laubenpieper nicht nur sich mit Gemüse und Obst versorgten und so mithalfen schwere Zeiten im solidarischen Miteinander zu überstehen. Ich kann mich noch gut erinnern, wenn ich als Kind in den 50iger Jahren von unserem Nachbarn aus seinem Kleingarten Erdbeeren erhielt, die meine Mutti uns zwei Kindern nicht kaufen konnte. Kleingärtner schafften auch ihre kleinen Erträge zum Aufkauf in die BHG, s. Gesetze in der DDR förderten die kleinen Erholungszentren, denn für viele Menschen war der schönste Urlaubsplatz der Kleingarten mit der Laube, die zunehmend durch Eigenbau bis auf die zulässigen 40 m² wuchsen. Da wurde in der Laubenpiepergemeinschaft Material organisiert und gemeinsam gehämmert und gezimmert. Strom und Wasser wurden mit Unterstützung von Patenbetrieben unter erschwerten Bedinungen organisiert. Wer wusste wohl damals, dass wenn Deutschland wieder eins sein wird, die Rechtssprechung in der BRD, wenn Wasser und Strom in der Laube oder Datsche sind, zur Wohn-eignung ausreicht. Unbestritten ist doch auch, dass es Privilegien gab, doch das entwertet nicht den Haupttrend, die Verliebtheit der Lauben- und Datschenbesitzer in ihre Gartensparte. Die Reichen haben sich Standorte gesucht, die mit den Datschen der Laubenpieper nicht zu vergleichen sind. Bei diesen und den Schwarzbauten ist die Zweitsteuer angebracht. Obwohl bei diesen noch eins gerechtigkeitshalber draufkommt, das ist bei nachträglicher Baugenehmigung ein kräftiges Ordnungsgeld oder der Abriss. Für die Linke im Bundestag ergibt sich die Konsequenz, eine Novellierung des Bundeskleingartengesetzes zu initiieren, wo für die Ostdeutschen Laubenpieper dieser traditionell gewachsener Status Anerkennung findet und für sie keine zusätzlichen Kosten erhoben werden.
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