In Demut und Nachdenklichkeit
DIE LINKE. Sachsen
Pressedienst 42/2017
Zu den sächsischen Ergebnissen der gestrigen Bundestagswahl erklärt Rico Gebhardt, Landes- und Fraktionsvorsitzender der sächsischen LINKEN:
„Zunächst einmal möchte ich einen Dank aussprechen: an die vielen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer, an die Parteimitglieder, an die Sympathisanten, die mit ihrem engagierten Einsatz geholfen haben, unsere Positionen ins Land zu tragen. Wir waren im ganzen Land präsent, haben um Zustimmung geworben. Das darf man nicht unter den Scheffel stellen.
Der gestrige Abend war ein schwerer für die sächsische Linke. Wir haben es als Bundespartei geschafft, ein stabiles Ergebnis einzufahren, mit leichten Zugewinnen. Wir haben unser Ziel, 10 Prozent zu erreichen zwar knapp verfehlt. In diesen Zeiten ist ein solches Ergebnis aus meiner Sicht jedoch keine Selbstverständlichkeit. Die sächsische LINKE konnte zu diesem Ergebnis allerdings deutlich weniger als erhofft beitragen. Sachsen war und ist das Kernland der rechtspopulistischen Auseinandersetzungen. Wir haben in den letzten Jahren versucht, mit unseren Mitteln dagegen zu halten. In Sachsen wie im gesamten Osten Deutschlands herrscht eine massive Opposition gegen Merkel, gegen die aktuelle Politik im Land. Es ist nicht gelungen, diesen Protest links zu bündeln. Stattdessen fand er seinen Ausdruck im Ergebnis der AfD.
Wir müssen uns fragen, warum es nicht gelungen ist, dieses Potential gerade hier in Sachsen bei uns zu binden. Wir werden im Freistaat nicht als Alternative zur herrschenden Politik wahrgenommen. Das ist Fakt. Deshalb sind auch Teile unserer WählerInnenschaft abgewandert. Es war richtig, im Kernland der rechtspopulistischen Auseinandersetzungen klare Kante gegen Menschenfeindlichkeit zu zeigen und eben nicht nach rechts zu rücken. Das waren wir uns genauso wie unseren über 398 000 Wähler*innen schuldig. Wir müssen aber mit Blick auf kommende Wahlen auch klar sagen können, wie wir zur Verbesserung der Lebensverhältnisse in diesem Land beitragen wollen.
Besonders hervorzuheben ist unser Ergebnis in den Großstädten. Hier haben wir es geschafft, ein junges, urbanes Milieu zu überzeugen und an uns zu binden. Genau hier ist es uns gelungen, ein Direktmandat zu erringen. Ich gratuliere Sören Pellmann herzlich zu diesem Erfolg. Schaut man auf die Karte, dann wird man schnell feststellen, dass es in Leipzig eine rote Keimzelle gibt. Das haben wir auch unserer offenen Bürostruktur genau in diesen Wahlbezirken zu verdanken.
Dennoch: Den ländlichen Raum können und dürfen wir nicht aufgeben. Wenn wir teilweise im ländlichen Raum in Gemeinden lediglich einstellig einlaufen, ist das ein Problem, das wir und nur wir lösen müssen.
Dass die AfD als stärkste Kraft in Sachsen aus dem Wahlgang hervorgehen konnte, zeigt auch: Die CDU trägt eine ganz große Mitverantwortung für das überdurchschnittliche Abschneiden der AfD in Sachsen. Ihre Toleranz von Rassismus trägt Früchte.
Wir werden in Zukunft verstärkt zeigen, dass die Alternative für dieses Land nicht bei den Nazis in Nadelstreifen liegt, die nun mit der AfD in den Bundestag einziehen, sondern in einer tatsächlichen sozialen Erneuerung. Wir kämpfen weiter. In Demut und in Nachdenklichkeit vor diesem Wahlergebnis.“
Anmerkung des Bloggers:
Im Landkreis Meißen hat DIE LINKE ganz besonders schlecht abgeschnitten. Mit 13,3% erreichte sie das zweitschwächste Ergebnis der Partei in Sachsen. Und das kann nicht allein auf das Erstarken des Rechtsextremismus geschoben werden, dessen Interessenvertreterin AfD mit 32,9% den stärksten Zuspruch im Landkreis erhielt. Mit konsequenter Selbstkritik sollte nach Ursachen gesucht werden. Ich habe vor allem in Radebeul deutlich weniger Wahlkampf erlebt als in anderen Jahren. Und das wurde mir von enttäuschten Freunden und Sympathisanten auch immer wieder bestätigt. Dass soll kein Vorwurf an die fleißigen Wahlkämpfer sein, die offenbar immer weniger geworden sind. Aber öffentliche Wahrnehmung hat eben ihre Grenzen und Besonderheiten. Plakate an den Straßen reichen nicht. Der späte Start des tapfer, aber offenbar ziemlich allein kämpfenden Spitzenkandidaten (zumindest aus meiner eingeschränkten radebeuler Sicht) ebenfalls nicht. Die Werbung in der eigenen Zeitung und im Internet war dürftig. Und der Aufruf, stärker über Facebook zu punkten, hat ebenfalls nichts gebracht. DIE LINKE.Meißen könnte verkümmern, wenn sich nichts ändert. Mehr Breite, mehr Kontakte, deutlich mehr linke Politik. Ein Neustart ist längst überfällig. Da passt mir Rico´s Losung "In Demut..." allerdings wenig dazu. Was ist eigentlich Demut? (Kant: "Bewusstsein und Gefühl der Geringfähigkeit"?) Wird die Demut auch verordnet für diejenigen, die monatelang für dieses Ergebnis gearbeitete haben?
Ich bin sehr verwundert, dass gerade du den Wahlkampf in Radebeul kritisieren tust.
AntwortenLöschenIch bin sehr verwundert, weil der Autor am Radebeuler Wahlkampf gar nicht teilnahm, was er als Dresdner Parteimitglied auch nicht muss. So gingen offenbar viele Aktivitäten an ihm vorbei. An den Aktivitäten zur Präsentation lag das rückläufige Ergebnis meineserachtens nicht. Aber die Frage ist ob wir die richtigen Themen besetzen und diese in einer verständlichen Sprache ans Wahlvolk herantragen steht zur Debatte.
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