Orientierung

Samstag, 26. November 2016

Wortspiele

Weißt Du, was ich meine?

Viele Worte haben mehrere Bedeutungen, je nachdem, in welchem Zusammenhängen sie gebraucht werden. Das Wort Haus z.B. bezeichnet gegebenenfalls ein Wohngebäude, das Oberhaus oder meinen Freund Klaus, das alte Haus. Im Gebrauch der Wörter haben sich im Verlauf der Zeit unterschiedliche Bedeutungen verfestigt oder voneinander entfernt. Und sie wurden mit zusätzlichen Vorstellungen (Konnotationen) verbunden. Wir sind uns dessen gar nicht immer so bewusst, wie z.B. beim Wort Populismus. Ursprünglich kommt es vom lateinischen Populus = das Volk. Populär bedeutet volkstümlich, beliebt oder allgemeinverständlich. Der Begriff Populismus hat eine unschöne Entwicklung genommen. Er bezeichnet eine Politik, die darauf gerichtet ist, in opportunistischer und unehrlicher Weise die Gunst des Volkes zu gewinnen. Und weil es nicht selten vorkam, dass das Volk am Schluss das Betrogene war, ist Populismus ein Pejorativum geworden, also ein Wort mit abwertender Bedeutung.

In der heutigen Sächsischen Zeitung wird auf Bundesinnenminister Thomas de Maizière Bezug genommen (S. 17 und 18), der einen Rechtsruck und wachsenden Populismus im Landkreis Meißen erkennen will. Und das ist nach seiner Auffassung vor allem mit AfD und Pegida verbunden, die die Sehnsucht der Menschen "nach einfachen Wahrheiten und schnellen Lösungen" ausnutzen. Nach der neuesten Infratest-Befragung käme die AfD bei Wahlen auf 25% der Wählerstimmen. Sie wäre damit die zweitstärkste Partei hinter seiner CDU (34%). Nicht mehr der langjährige schwarze Absolutismus im Landtag. Und die Mehrheitenbildung durch eine Koalition wäre komplizierter denn je. "Die alten rechts-links-Schemata passen nicht mehr ... Sahra Wagenknecht redet nicht viel anders als Frauke Petry.", meint er. Hat er Sahra Wagenknechts jüngste Rede im Bundstag verpasst? Oder ist das der hilflose Rundumschlag seiner CDU, die ihr Alleinstellungsmerkmal als "Volkspartei" verlieren könnte? Und ist die etwa frei von Populismus? Aber der Christdemokrat de Maisière meint, die "Populisten" sind die anderen...

Vielleicht sollten wir den Terminus Populismus doch wieder neu bedenken. Ein Volk ist unzufrieden, wenn es von seiner Regierung veralbert und vernachlässigt wird. Die Leute gehen auf die Straße, weil die Parteien in den Parlamenten schon lange nicht mehr ihre "Volksparteien" sind. Wundert das? Wenn die Protestrufe als Polemik abgetan werden (ursprünglich: Streitgespräch) stoßen wir auf den nächsten Begriff, den wir im Sinne einer neuen Streitkultur ausdeuten müssten. Dann dürften aber nicht die Demagogen (= Volksverführer, Scharfmacher), nationalen Egoisten oder Rassisten das Sagen haben. Der Ruf "Wir sind das Volk" gilt nicht nur für aufgebrachte Minderheiten. Dann müssen klare und verständliche Programme zur Debatte stehen, und nicht nur Worthülsen und fragwürdige Losungen.

DIE LINKE arbeitet gegenwärtig und in Vorbereitung der nächsten Wahlen an einer Neuauflage für Alternatives Landesentwicklungskonzept (Aleksa 2.0). Gegenwärtig laufen dazu Diskussionen in den Ortsverbänden . Bei uns in Radebeul z.B. fand das bereits im September statt.

Und wenn es populistisch genannt würde,
- die Probleme und Sorgen des Volkes aufzugreifen,
- gemeinsam mit kompetenten Volksvertretern nach realisierbaren Lösungen und Kompromissen zu suchen und
- beim Fromulieren der Programme dem Volke auf Maul zu schauen (Martin Luther),
- aber auch möglichst viele Menschen zur Verwirklichung einbeziehen.
Allerdings sollte das auch nichts mit realitätsferner Träumerei zu tun haben.

Dann wäre es doch großartig, ein Populist zu sein, oder?

G. Dietmar Rode
Blogger



2 Kommentare:

  1. Das was Herr Bundesinnenminister de Maizière zu unserer Sahra Wagenknecht ausführt, dass "Die alten rechts-links-Schemata passen nicht mehr ... Sahra Wagenknecht redet nicht viel anders als
    Frauke Petry.", ist eine gekonnte Anwendung des Populismus. Der Wahrheit–Realität ausweichend, diskreditiert Herr de Maizière die sehr gute vorgetragenen Analyse von Sahra zur politischen und ökonomischen gesellschaftlichen Realität der Bundesrepublik Deutschland. Weshalb, so muss man sich die Frage nach der Rede von Sahra stellen, setzt sich de Maizière nicht mit ihren vorgetragenen Argumenten auseinander? Einfach deshalb, weil die Rede von Sahra die konkreten Lebensverhältnisse in unserem Lande sehr zutreffend kritisch charakterisiert hat. Jeder kann in seiner Stadt oder Gemeinde die Aussagen von Sahra auf die Waage der Wahrheit legen. Wir selbst treffen diese Wahrheit in unserer politischen Arbeit und der Auseinandersetzung mit der herrschenden Realität der CDU Bundes- und Landespolitik in Gesprächen in unserer Heimatstadt oder im ländlichen Raum unseres Landkreises an. Treffende Feststellungen und belegbare Tatsachen, dass die Würde des Menschen und die Fragen der sozialen Sicherheit entscheidend z.B. auch vom Wohnort abhängen, brachten nicht nur mir den Ruf eines Populisten ein. Die Gleichstellung unseres politischen Wirkens mit der AfD ist mehr als absurd. Unsere linke Politik im Parteiprogramm und in der politischen Tagesarbeit belegen, unser Wirken für soziale Gerechtigkeit in den Städten und Gemeinden im ländlichen Raum. Ebenso ist belegbar, dass wir uns offensiv mit der Politik der AFD und ihren nationalistischen Strömungen auseinandersetzen. Auch hier ist die Frage nach der Wahrheit angebracht, die da heißt: Wer hat durch eine verfehlte Innen und Außenpolitik den Boden für das Entstehen der AfD nicht nur geebnet, sondern befördert? Es war und ist die CDU und ihre Koalitionspolitik.

    Andreas Graff
    Stellv. Kreisvorsitzender DIE LINKE.

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  2. Wieder einmal hat Dietmar einen guten Artikel in unserem LINKEN-Blog gepostet. Auch der Kommentar von Andreas, zeigt deutlich auf, wo "der Hase im Pfeffer liegt."
    De Maiziere will von den vielfältigen Fehlern der CDU-SPD-Politik nur ablenken. Die CDU in Sachsen hat m.E. die AfD stark gemacht und Pegida erst ermöglicht. Man schaue doch nur in die Meißner CDU, welche Nähe dort zur rechten Szene vorhanden ist.
    Besonders die Bundes-CDU hat eine gefährliche Nähe zum Kapital, zu den Konzernen im Atom- und Energiebereich und zu Banken und Versicherungen. Wer keine gerechte Steuerpolitik einführen will und zulässt, daß Konzerne legal Steuertricks anwenden um den Staat um Millionen Steuereinnahmen zu betrügen, dabei aber Rentnern die eine bestimmte Rentenhöhe überschreiten, nochmals Steuern abkassieren lässt, ist nicht mehr glaub- und politikwürdig . Da muß ein Wechsel her. Die US-Wähler haben auch nicht mehr mitgemacht und einen Wechsel herbeigeführt. Schlimmer kann es nicht mehr kommen, haben viele der sog. Mittelschicht geglaubt. Wer Rentner in Deutschland belügt, wird abgewählt.

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