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Freihandel für die Konzerne?
Argumenten von Michael Schlecht, MdB,
wirtschaftspolitischer Sprecher Fraktion DIE LINKE
Die Kritik an den Freihandelsabkommen TTIP und CETA wächst. Immer mehr Menschen wenden sich gegen drohende Deregulierung, Privatisierung und wachsenden Konkurrenzdruck. Um sie zu beruhigen, präsentiert sich Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) als Schutzpatron der Bürger: Eine Abschwächung von sozialen Standards und Sonderrechte für Konzerne werde er verhindern. Verpflichten will er sich darauf aber nicht. Warum wohl?
Die Verhandlungen zum Freihandelsabkommen CETA mit Kanada hat die EU abgeschlossen, die Verhandlungen zum TTIP-Abkommen mit den USA laufen noch. Diese Verträge haben viele Freunde – vom Industrieverbandschef Ulrich Grillo über BMW-Chef Norbert Reithofer bis zu Wirtschaftsminister Gabriel. „Freihandel ist im Interesse von Ländern wie Deutschland, weil wir Exportnationen sind“, wirbt er für die Abkommen – und tut damit so, als wäre der Welthandel in den letzten Jahrzehnten nicht bereits radikal liberalisiert worden.
Wer sich kritisch dazu stellt, wie DIE LINKE, wird von Gabriel als „richtige Jobkillerpartei“ denunziert und „auf dem Weg zurück in Nationalismus und Provinzialismus“ verortet. DIE LINKE sei – so der Fraktionsvorsitzende Oppermann in einem Zwischenruf im Bundestag – eine „Nationale Linke“.
Welche Effekte TTIP hat, ist jüngst von der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung aufgezeigt worden. Danach hat das Institut CEPR im Auftrag der EU in einem „optimistischen Szenario“ bis zum Jahr 2027 einen Wachstumsschub von 0,5 Prozent für die EU und von 0,4 Prozent für die USA ausgerechnet. Dies entspräche einem zusätzlichen Wirtschaftswachstum von 0,03 Prozent pro Jahr! Das soll ein „beispielloser Impuls“ sein? Eine Studie der Bertelsmann-Stiftung zu den TTIP-Wirkungen kommt auf einen Zuwachs von 160.000 Arbeitsplätzen in Deutschland innerhalb von 10 bis 20 Jahren. Das ist schon das „optimistische Szenario“ – und ebenfalls lächerlich. Es entspräche 8000 bis 16.000 neuen Jobs pro Jahr – und insgesamt einem Anstieg der deutschen Beschäftigung um magere 0,4 Prozent.
Die Gefahren hingegen sind riesig. Deswegen hat sich eine internationale Allianz von Organisationen gebildet, die das Freihandelsabkommen kippen wollen. Sie warnen vor einer Abschwächung des Verbraucherschutzes, von Arbeitsstandards, von Schutzmechanismen und vielem mehr.
Besonders gefährlich wäre die Einrichtung von internationalen Schiedsgerichten. Vor ihnen könnten Konzerne Staaten verklagen, wenn sie ihre Investorenschutzrechte verletzt sähen. Als „indirekte Enteignung“ kann dabei bereits gelten wenn staatliche Regelungen dazu führen, dass ein Investor nicht die erwartete Rendite einfährt. Dann können riesige Schadenersatz-Zahlungen fällig werden. Derartige Investorenschutzgesetze und „Streitschlichtungsmechanismen“ sind im CETA-Abkommen bereits enthalten. Und CETA gilt als Blaupause für das größere TTIP mit den USA.
Der Druck der Zivilgesellschaft zeigt Wirkung: Gabriel hat die Einrichtung derartiger Investorenschutzgesetze für „unnötig“ erklärt. Eine konsequente Ablehnung klingt andes, aber immerhin. In Abstimmung mit dem DGB hat der SPD-Parteikonvent kürzlich Richtlinien für die Freihandels-Verhandlungen beschlossen. Verfahren zur Streitschlichtung zwischen Investoren und Staaten, so der Beschluss, gefährdeten die Demokratie und seien daher abzulehnen. Die Sicherung von Arbeitnehmerrechten, Verbraucherschutz, Arbeitsschutz und umweltpolitischen Standards sei „nicht verhandelbar“.
Das klingt alles schon mal gut. Aber wie ernst ist es der SPD mit diesen Forderungen? DIE LINKE machte die Probe aufs Exempel. Sie griff die Kernforderungen von SPD und DGB auf und legte sie dem Bundestag am 25. September zur namentlichen Abstimmung vor. Im Kern ging es, darum die Bundesregierung auf die Ablehnung von Schiedsgerichten in den Freihandelsabkommen festzulegen. Denn der Parteibeschluss nützt nichts, wenn er Parteibeschluss bleibt. Wirklich wirksam und verbindlich wird er erst, wenn ihn das Parlament beschließt.
Wolfgang Tiefensee (SPD) zeigte sich daraufhin erbost: DIE LINKE habe „das, was auf dem Parteikonvent gesagt wurde, als Steinbruch genommen, sich genau die Passagen herausgesucht, die einem passen und zu einem Antrag formuliert“.
Ergebnis der Abstimmung: Der Antrag wurde mit den Stimmen der Regierungskoalition abgelehnt. Anders gesagt: Die SPD lehnte ihre eigenen Forderungen ab! Faktisch hat sie auch gegen den DGB gestimmt.
Es ist weiterhin massiver Druck von unten notwendig, um die Freihandelsabkommen zu kippen oder ihnen zumindest die gefährlichsten Zähne zu ziehen. Dass Gabriel und die SPD sich bewegen, hängt entscheidend von dem Druck ab, den wir machen!
Weitere Informationen:
Entschließungsantrag DIE LINKE 18/2604: Freihandelsabkommen zwischen der EU und Kanada CETA zurückweisen: siehe www.michael-schlecht-mdb.de
Parlamentsdebatte vom 25. September 2014 zum Freihandelsabkommen, Seite 4904ff.:
http://dip21.bundestag.de/dip21/btp/18/18054.pdf
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