Orientierung

Dienstag, 28. Februar 2012

So sehe ich Joachim Gauck

Ein Leserbrief 
von Prof. Dr. Peter Stosiek aus Görlitz,

den uns Dr. Helga Gundlach aus Radebeul schickte, weil er von der Sächsischen Zeitung noch nicht abgedruckt wurde.
Prof. Dr. Peter Stosiek
/Foto:www.tdh-online.de
"Zugegeben, er sieht gut aus mit seinem kantigen Gesucht und dem vollen, grauen Haar. Er würde in Hollywood einen Platz bekommen. Jetzt bekommt er einen in Bellevue. Und man fragt sich, ob das wohl gut sein wird für unser „un-einig Vaterland“.
Sehr zeitig hat der junge Gauck seine Prägungen bekommen hin zum Feindbild DDR und zum Vorbild Kirche. Die DDR ist vom Anfang seiner Erfahrung an ein ein Unrechtsstaat, die sozialistische Vision abwegig bis verbrecherisch, die Kirche Heimstatt und Lebensraum. Folgerichtig geht er nach der erfolgreichen Liquidierung dieses Systems in die Chefetage der professionellen Aufarbeitung von dessen Sündenregister. Jahrzehnte arbeitet er dort als Stasi-Jäger, wird zum Advocatus diaboli, dem der den Auftrag hat, das Böse in der Vergangenheit zu finden. Stasi, Stasi,Stasi. Es wäre schon fast übermenschlich anzunehmen, dass Gauck im Stande wäre irgend etwas Positives oder gar Bedenkenswertes in der „sozialistischen Vergangenheit“ bis hin zur Occupy-Bewegung der Gegenwart zu finden oder gar ein Haar in der verherrlichten demokratischen Suppe. Wer annimmt, dass mit ihm der unverstandene und missverstandene Osten ein neues Gesicht, einen Anwalt im bundesdeutschen Politik-Alltag bekommt, hat sich getäuscht.

Und noch etwas muss ich Herrn Gauck ankreiden. Nicht dem Politiker, sondern dem evangelischen Theologen. Der Christ kann eigentlich die Freiheit nicht so hoch hängen wie er. Die persönliche Freiheit, die Selbstbestimmung als Verfügungsgewalt über Zeit, Wohnsitz, Geld, ist biblisch kein hoher Wert. Im mönchischen Bereich ist es sogar ein biblisch begründetes Verdienst, auf diese Freiheit zu verzichten. Eine Gesellschaft, die mitmenschliche Liebe fördert, muss für den Christenmenschen vor der Realisierung von Freiheitswerten rangieren.
Und ein Zweites. Jeder normale evangelische Pfarrer in unserem Land, der einfach seine Frau und seine Kinder verlässt, wird „gefeuert“, mindestens muss er seine Gemeinde verlassen. Er kann auch nicht promiskuitiv mit einer anderen Frau leben, ohne zur Verantwortung gezogen zu werden. Wer als Diener der Kirche die klaren moralischen Linien dieser Kirche dauerhaft verletzt, wird der seiner sittlichen Vorbild-Funktion im Staat gerecht werden können?
Ich hätte da meine Zweifel."
P.Stosiek, 2012
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Es ist aber nicht so, dass die SZ den Abdruck  Prof. Stosieks Texten generell verweigern würde. Seine kritischen Gedanken zu der beliebten Formel vom "Unrechtsstaat DDR" wurden 2009 durchaus veröffentlicht. (anklicken!) Nur beim Thema Joachim Gauck folgt die SZ anscheinend tendenziös dem MDR.

4 Kommentare:

  1. Schade, dass dieser Leserbrief nicht in der "SZ" veröffentlicht wurde. Na ja, er passt wohl nicht ganz zum manipulierten "Meinungsbild" der Bürger. Wie Prof. Stosiek sehen es viele Bürger, nur deren Meinung wird/ist nicht gefragt. Heuchler kommen da besser an.

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  2. Wer ist eigentlich die abgebildete Person?
    Joachim Gauck (ein Bild aus der Zukunft)?
    Heinz Stosiek (der Link verrät zwar, wo das Bild im Internet zu finden ist - aber nicht, wer es ist, eine seltsame Bildunterschrift!)?
    Helga Gundlach (im Text erwähnt, ist es wohl eher nicht)?
    Dietmar Rode (der den Post veröffentlicht hat)?
    Jemand ganz anderes (nicht unwahrscheinlich)?

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  3. Danke für den Hinweis. Es ist natürlich Prof. Stosiek. Und ich habe es auch gleich verbessert.

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  4. Unter dem Foto sind jetzt 2 (!) Links, die die Herkunft nicht - nur des Bildes, sondern auch des Autors - verdeutlichen. Das gehört zur Aussage des Leserbriefes - finde ich.

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