Zum Geschichtsverständnis des Hans-Georg Patt
von Lutz Meuche, Riesa
Herr Patt ist Vorsitzender der CDU-Fraktion im Meißner Stadtrat, beruflich Richter am Finanzgericht Leipzig. Der Verband der Verfolgten des Naziregimes-Bund der Antifaschisten, Kreisverband Meißen hatte ihm als Vorsitzenden der CDU-Fraktion eine Einladung zur Gedenkveranstaltung „zum 66. Jahrestag der Befreiung - zum Tag des Sieges – am Ehrenmal für Angehörige der Roten Armee in Meißen-Zscheila“ geschickt.
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Foto: wikipedia |
„Vor 66 Jahren erlebte die Menschheit am 8. Mai 1945 die endgültige militärische Zerschlagung des deutschen Faschismus. Dieses Datum markiert den Sieg über das menschenverachtende Regime des Hitlerfaschismus. Gedacht wird an Millionen Tote, an die große Zahl der verwundeten und vermissten Menschen und an jene, die an den Kriegsfolgen gestorben sind, an das Leid aller Angehörigen, an die große Anzahl der zerstörten Städte und Dörfer.“
Wie hat Herr Patt darauf reagiert?
Herr Patt antwortete, er möchte der Einladung nicht Folge leisten, was er dann auch nicht tat.
„ Der Jahrestag des Kriegsendes ist kein – nach sowjetischem Vorbild entstandener- Tag des Sieges (mehr). Mich verwundert nicht, dass Sie über 20 Jahre nach der friedlichen Revolution die überkommenen Begrifflichkeiten noch fortführen. Historisch gesehen haben die späteren Besatzungsmächte allerdings nicht gegen das Deutsche Reich Krieg geführt, um es zu befreien, sondern um es militärisch zu besiegen. Vielleicht muss bei der Anwendung des Begriffs „Tag der Befreiung“ auch regional unterschieden werden, da Mitteldeutschland erst ab 1989 die Chance erhalten hat, eine Demokratie aufzubauen.“
Jeder blamiert sich , so gut er kann, und Herr Patt tut es gleich mehrfach.
Für die Alliierten der Antihitlerkoalition war das ein Tag des Sieges, besonders für die Rote Armee, die den größten Blutzoll an der Niederringung des Hitlerfaschismus hatte. Leisten mussten ihn Russen, Ukrainer, Weißrussen sowie alle anderen Völker der Sowjetunion.
Natürlich mussten die Alliierten, nach Herrn Patt die späteren Besatzungsmächte, das faschistische Deutschland erst besiegen, zur Kapitulation zwingen.
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Richard v. Weizsäcker als Bundespräsident [Foto: Wikipedia/Bundesarchiv] |
Für die Völker Europas und natürlich auch das deutsche Volk war das ein Tag der Befreiung.
In der alten Bundesrepublik brauchte man immerhin 40 Jahre, um das auch auszusprechen. Es ist das historische Verdienst des damaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker, der das 1985 tat. Er sagte : „Der 8. Mai war ein Tag der Befreiung. Er hat uns alle befreit von dem menschenverachtenden System der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft.“
Es ist ein großer Gewinn, diese Rede zu lesen und Herr Patt sollte es tun, um seine historischen Ansichten zu erweitern. Nach seinem historischen Verständnis sind wir in Ostdeutschland ja 1945 gar nicht befreit worden. Das sei erst 45 Jahre später geschehen.
Natürlich ist die Geschichte weitergegangen, und auch die Jahre 1989/90 sind eine bedeutsame Zäsur in der deutschen Geschichte. Nur, und das sollte Herr Patt auch bedenken, hatten viele, die in der DDR 1989 auf die Straße gingen, wohl eine etwas andere Vorstellung von Demokratie als die parlamentarische Demokratie, die wir heute erleben.
Die Gedenkveranstaltung in Meißen war übrigens auch ohne die CDU-Führung von Meißen eine würdige.
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