Von Dr. G. Dietmar Rode,
Kreisrat
Elblandklinikum Radebeul |
Konsens: Die zukünftige Gesundheitsversorgung ist eine der wichtigsten kommunalpolitischen Aufgaben überhaupt. Dissens: Trotzdem muss immer wieder hinterfragt werden, ob die immensen Risiken gerechtfertigt sind, die Bedarfe realistisch bestimmt wurden und die strukturellen Details stimmen.
Bärbel Heym von der LINKEN erläuterte noch einmal kritisch die politischen Positionen. Die anderen Fraktionen hatten das Thema offenbar schon abgehakt. Nur Dr. Uhlemann von Bündnis 90/Die Grünen/Freie Wähler, vormals 15 Jahre Direktor der besagten Klinik, trug umfangreiche und sehr bedenkliche Argumente gegen das Konzept der Konzernführung vor. Aber das Stimmergebnis ähnelte dann doch mehr einem friedvollen Absegnen durch eine gleichgültige Mehrheit. Die Ablehnung, der sich auch jeweils zwei Kreisräte der LINKEN und der CDU anschlossen, wurde durch insgesamt 11 Kreisräte (in namentlicher Abstimmung) bedauerlich schwach unterstützt (vgl. SZ 17./18. Dezember 2011, Ausgabe Dresdner & Meißner Land, S. 17).
Wo stecken die Splitter? Wo sind die schmerzenden Stellen?
- Die immensen Investitionssummen stellen ein kritisches Risiko dar. Der Sparkurs der Landesregierung, die widersprüchliche Fördermittelsituation und die teilweise unklare Bedarfsbestimmung unterstreichen das.
- Die Umwandlung eines „kleinen, feinen Versorgungskrankenhauses“ in eine „Profitschmiede“ ist eine ernstzunehmende Kritik durch Dr. Uhlemann am Beispiel des Klinikums Radebeul. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen/Freie Wähler verknüpfen damit eine ganze Reihe von sachlich untersetzten Protesten zu Details.
- Die personalwirtschaftlichen Bedenken wurden in den letzten Wochen keinesfalls abgebaut, sondern eher noch verstärkt. Bei der vorangegangenen Kreistagsitzung standen die ernsthaften, lautstarken Protestierer vor dem Tagungsgebäude und im Saal. Dieses Mal lag auf den Tischen der Kreisräte ein anonymes zweiseitiges Schreiben („Ärzte, Pflegepersonal und Mitarbeiter der Elblandkliniken Meißen“), das doch sehr bedenklich stimmen sollte: „Es hat genug gefunkt! Es ist genug gegeigt!“. Die Vorwürfe darin sind erschreckend. Aber niemand nahm in der Diskussion Bezug darauf. Die Fraktion DIE LINKE hatte im Vorfeld versucht, mit einer Antragsinitiative die tarifgerechte Entlohnung der Mitarbeiter erneut anzumahnen, die jedoch energisch abgelehnt wurde! Warum?
- Das ehrgeizige Vorhaben scheint in manchen Punkten auch rechtlich unklar zu sein. Das betrifft einerseits das umstrittene Stiftungsmodell, das in vorangegangener Sitzung beschlossen wurde. Auf einen weiteren fragwürdigen Punkt stoßen wir im radebeuler Bauvorhaben „Wahlleistungsstation mit 24 Betten“ (2,4 Mio € Investition). Im Sächsischen Krankenhausgesetz §21,4 heißt es: „Privatstationen im Krankenhaus sind unzulässig. Unberührt bleibt das Recht der Patienten, im Krankenhaus Wahlleistungen in Anspruch zu nehmen.“ Wenn jedoch für diese Wahlleistungen (für Privatpatienten!) eine ganze Station einrichtet wird, widerspricht das doch dem Gesetz, oder?
Hoffentlich führen die damit verursachten Bauchschmerzen in der Vorweihnachtszeit nicht zu ernsthaften Magengeschwüren im neuen Jahr. Die Fraktion DIE LINKE hat beschlossen, einen Problem- und Fragekatalog (vgl. Post vom 14.12.11) zum Thema Elblandkliniken im Interesse ihrer konstruktiven Kommunalpolitik und deren öffentliche Darstellung aufzustellen und konsequent abzuarbeiten.
Auf Bitte von Volker Thomas, Kreisrat und Pressesprecher der Fraktion DIE LINKE, zitiere ich hier eine weitere Wortmeldung zur letzten Kreistagsitzung:
AntwortenLöschenInvestitionen in Elblandkliniken sind Zukunftssicherung
Der Kreistag hat am 15.12. mit großer Mehrheit die Investitionen für das Radebeuler Krankenhaus beschlossen. Gesundheitsleistungen im Krankenhausbereich erfordern unter den derzeitigen Strukturen im Gesundheitswesen moderne, leistungsfähige Kliniken. Dass die finanzielle Belastung für das Gesamtunternehmen eine ernst zunehmende Herausforderung darstellt, hat der Geschäftsführer Funk noch einmal mit detaillierten Zahlen belegt. Daraus wurde aber auch sichtbar, dass es ohne Investitionen keine Sicherheit für die Mehrzahl der Arbeitsplätze im Klinikum geben kann. Der Wettbewerb anderer Krankenhäuser um Patienten geht auch nicht an den einzelnen Standorten der Elblandkliniken vorüber.
Bärbel Heym hat zum wiederholten Male die Forderungen der Fraktion „DIE LINKE“ deutlich gemacht: leistungsgerechte Bezahlung, ein an der Praxis orientiertes und sozial ausgewogenes Personalkonzept und eine ständige kritische Begleitung des Umgestaltungsprozesses sind notwendig. Mehrheitlich stimmte die Fraktion dem Gesamtbeschluss zum Klinikum zu. Minderheitenpositionen einzelner Mitglieder hat die Fraktion ausführlich diskutiert.
Der zweite Tagesordnungspunkt mit Brisanz stand ganz am Ende der Tagesordnung. Die Information zum Haushaltsplan 2012 durch die Kämmerin Frau Putz lässt Schwierigkeiten der Finanzausstattung des Landkreises erkennen – 12 Millionen Euro fehlen in der derzeitigen Planung. Seit Jahren fordert die LINKE von der Bundes- und Landespolitik endlich die finanziellen Mittel dort einzusetzen. wo die Menschen leben. Aber genau das Gegenteil ist der Fall. Durch eine Totsparpolitik werden in vielen Bereichen die Mittel gekürzt – beim öffentlichen Personennahverkehr, bei der Kultur, bei den allgemeinen Schlüsselzuweisungen und auch bei der Krankenhausfinanzierung. Die Kreistage sollen dann politische Fehlentscheidungen der CDU/FDP-Koalition in Dresden und Berlin ausgleichen. Das funktioniert aber nicht mehr. Es wird auch hier deutlich – die Bundesrepublik wird an den falschen Stellen kaputt gespart und gleichzeitig fließen Milliardenbeträge in ein marodes Finanzsystem. Verantwortlich sind Merkel und Co.
Volker Thomas
2-Klassenmedizin von links - vom Gesetzgeber untersagt, im Kreistag trotzdem gefördert und gebilligt?
AntwortenLöschenUnd linke Mehrheiten sind auch noch stolz darauf?
Oder wie soll ich das hier verstehen:
„Wahlleistungsstation mit 24 Betten“ (2,4 Mio € Investition).
Wahlleistungen sind der "Luxus", den Patienten privat bezahlen müssen. Und das findet DIE LINKE so gut, daß eine ganze Station mit 24 Betten "1. Klasse = für betuchte Privatzahler" auf öffentliche(!) Kosten (2,4 Mio. EUR!) eingerichtet wird? Mir will das nicht in den Kopf. Wer kann es erklären?
Im Sächsischen Krankenhausgesetz §21,4 heißt es: „Privatstationen im Krankenhaus sind unzulässig. Muß man jetzt schon von linken Kreisräten die Einhaltung von Recht und Gesetz einfordern?
Das politische Wortgeprassel mit Schuldzuweisungen an "Merkelund Co" (Kreisrat V. Thomas)entlarvt sich selbst. Zeige mir, wie Du abgestimmt hast, und ich sage Dir ob Du (für mich) ein Linker bist.
Mich würde die Meinung von MdL Kerstin Lauterbach, die Kreisvorsitzende der LINKEN.Meißen und gesundheitspolitische Sprecherin der Landtagsfraktion der LINKEN in Sachsen sowie Sprecherin für Gesundheit & Soziales der LINKEN.Sachsen ist, interessieren.
AntwortenLöschenIst sie nicht sogar selbst durch Sachsen getourt mit dem Slogan "keine 2 Klassenmedizin in Sachsen". Naja. Vielleicht sollte sie sich mal im Blog hierzu äußern.
Es ist gut, dass es eine namentliche Abstimmung zu den geplanten Investitionen bei den ELK gab. Sicher wird man darauf später nochmals zurückgreifen müssen. Irritierend ist es m.E. auch, dass die gewählten Aufsichtsratsmitglieder der Parteien, besonders aber von DIE LINKE fast sprachlos das öffentliche Abstimmungsprocedere "mitgestalteten". Warum sitzen Parteimitglieder in solchen Gremien, wenn sie nicht auch die Interessen der abhängig Beschäftigten ernsthaft vertreten. Wie soll die Arbeitsverdichtung und die schlechte Stimmung in den ELK beseitigt werden? Frustiertes und gestresstes Pflege- und Ärztepersonal sind kein gutes Aushängeschild für eine Klinik. Die nächsten Wahlen kommen, die Wähler werden sich erinnern, wer ihre Interessen bei den ELK glaubhaft vertreten hat.
AntwortenLöschenlehnt ihr die deutsche bahn auch ab weil es eine 1. und eine 2. klasse gibt? oder nehmt ihr bei eurem nächsten urlaudsflug einen gleiter weil der nur holzklasse hat?
AntwortenLöschenMit Verlaub,der Vergleich mit der DB hinkt gewaltig. Mit welchen Geldern wird denn die Wahlleistungsstation gebaut und wer tritt in "Vorleistung"? Sind das schon die potentiellen 1. Klasse-Patienten? Sicher nicht, die kommen erst später und bereichern bestimmte Ärzte, die das Privileg haben, dort eine Anzahl an Betten belegen zu dürfen.
AntwortenLöschenLieber Sven,
AntwortenLöschenbitte hilf mir doch, das Sächsische Krankenhausgesetz §21,4 richtig auszudeuten.
Gruß zum Fest.
Dietmar
mit welchen gelder wird der staatsbetrieb deutsche bahn gefördert. lieber dietmar denkst du wirklich das sowohl die krankenhausleitung als auch der landrat mit der verwaltung sich auf dieses risiko einlässt ohne ein hintertürchen beim freistaat gefunden zu haben was genau das zulässt??? vielleicht solltet ihr euren aufsichtratsmitglied mal mehr ausfragen. gruß sven
AntwortenLöschenDass Mensch sich für eine Bahnfahrt - erster oder zweiter Klasse - freiwillig entscheidet (man kann auf die Fahrt auch ganz verzichten), für medizinische Behandlung zweiter Klasse aber eher unfreiwillig - das macht den sozialen Unterschied: Weil Du arm bist, musst Du unbequemer reisen ODER Weil Du arm bist musst Du früher sterben.
AntwortenLöschenHoch lebe das Hintertürchen, Herr Böttger! Wer so etwas duldet...
AntwortenLöschenFür mich ist die hier geführte Diskussion um eine Rechthaberei schon fast zum Magenkrebs geworden.Hier werden Befindlichkeiten ausgetragen, wird festgelegt, wer ein Linker sein darf, wer nicht. Ein Ausufern, was mir nicht gefällt. Da wird gedroht auf die namentliche Abstimmung zurückzukommen, was soll das? Soll oder muss ich erst vor einer Abstimmung mir irgendwo eine Erlaubnis holen oder ist es nicht angebrachter, wenn sich die Fraktion gründlich mit den Fakten auseinandersetzt und dann mehrheitlich zu einer Entscheidung kommt? Das hat doch etwas mit Demokratie zu tun! Bei den Investitionen in Radebeul geht es übrigens nicht nur um 24 Betten für Privatpatienten, sondern um weitaus mehr - für alle Patienten, die das Krankenhaus aufsuchen müssen. Diesbezüglich sollte sich Dr.Sova oder wer er auch immer ist, informieren. In einer Frage stimme ich Dietmar Rode zu: in dem anonymen Schreiben stehen Dinge, über die man sprechen und Antwort geben muss. Aber an wem? An Herrn oder Frau Anonym? Bei solch wichtigen Fragen seinen Namen verschweigen ist nicht der beste Weg. Das trifft auch auf die anonymen Schreiber hier im Blog zu.Anonym läßt sich doch so richtig draufhauen, oder?
AntwortenLöschenJa, Frau Frenzel, die 24 Betten (für Privatpatienten) sollen als separate Station in ein Kreiskrankenhaus eingebettet werden. Und gegen eben solche Privatstationen spricht sich das Sächsische Krankenhausgesetz ausdrücklich aus. Wenn sie mit einem solchen "kleinen" Gesetzesverstoß gut schlafen können, wünsche ich Ihnen "Gute Nacht!".
AntwortenLöschenWerter Anonym, man soll die Leute bitte nicht immer für blöd halten. Im §21, Absatz 4 Sächsisches Krankenhausgesetz steht:
AntwortenLöschenPrivatstationen im Krankenhaus sind unzulässig. Unberührt bleibt das Recht der Patienten, im Krankenhaus Wahlleistungen in Anspruch zu nehmen.
Vorlage Kreistag 15.12.11: Errichtung Wahlstation mit 24 Betten. Oder haben Sie eine andere Vorlage?
Ich meinte in der Vorlage Kreistag natürlich die Errichtung einer Wahlleistungsstation!
AntwortenLöschenDass Mensch sich für eine Bahnfahrt - erster oder zweiter Klasse - freiwillig entscheidet (man kann auf die Fahrt auch ganz verzichten), für medizinische Behandlung zweiter Klasse aber eher unfreiwillig - das macht den sozialen Unterschied: Weil Du arm bist, musst Du unbequemer reisen ODER Weil Du arm bist musst Du früher sterben.
AntwortenLöschenlieber reinhard, ich finde es echt traurig das du dem personl (schwestern, ärzt und anders personal)unterstellst das sie einen "normalen patienten" wie dich und mich schlechter behandeln als einen patienten der wahlleistungen dazu bucht. die medizinische versorgung in deutschland ist auf so einem hohen nivau das ich bei manchen äusserungen nur noch den kopf schütteln kann. gruß sven böttger
Wie kommt der Herr böttger darauf, das Krankenhauspersonal könnte beim Aufwand für die Behandlung der Patienten noch irgend etwas entscheiden? Es ist schon naiv, so vertrauensselig allein auf den guten Willen der Schwestern, Pfleger und Ärzte zu bauen.
AntwortenLöschenMit den Seehofer'schen Reformen Anfang der 90er Jahre (unter der Regierung Kohl, CDU) wurden für Deutschland die Weichen zur Industrialisierung (und damit Profitmaximierung) des Gesundheitswesens gestellt.
Krankenhäuser wurden zu einträglichen Profitquellen (Privatisierung in großem Stile begann), sie zogen endlich, wenn auch mit erheblicher "Verspätung" der schon lange hoch profitablen Pharmaindustrie nach.
Das letzte Terrain, wo niedergelassene Ärzte sich noch zwischen humanem Handeln und reiner Effizienz-Orientierung entscheiden konnten (was sie auch fleißig taten) wurde ausgedörrt.
An die Stelle vieler Arztpraxen sind heute private MVZ (med. Versorgungszentren) - und private Kliniken - getreten. So mancher durch die Wende "aus dem DDR-Joch der ärztlichen Angestellten-Knechtschaft befreite" neue Freiberufler (mit verschärftem Trend zum Selbstausbeuter) wurde endlich in eine abhängige Beschäftigung (Fremdausbeutung) gebracht. Wer in der DDR-Poliklinik angeblich so "unfrei" war, wird heute ungewollt zumindest nachträglich als hoch effizient gewürdigt - und "unter neuer Flagge" kopiert.
Das medizinische Personal von heute arbeitet fleißig und effizient - aber unter dem unbedingten Zwang, Gewinn zu erwirtschaften.
Die Entscheidung, wieviel Zeit für einen Patienten zur Verfügung steht, trifft die Oeconomia und nicht mehr die Humanitas.
Den guten Willen des Personals, da stimme ich Herrn böttger zu, stellt niemand in Frage. Aber: Auch ein sehr reiche Kapitalist kann ein sehr guter Mensch sein. Ausbeuten muß er darum doch - bei Strafe seines Untergangs.
Und eine Politik, die Profitmacherei im Krankenhaus durch Befürwortung einer extra "Wahlleistungsstation" (Profitschmiede) unterstützt, ist für Herrn Seehofer (CSU) und seinesgleichen durchaus verständlich und normal.
Nur DIE LINKE sollte überlegen, wie lange sie noch das Bett teilen will mit solchen Charmeuren.